Der Auftakt der Tour wird zur ersten Kraftprobe. Der Franzose Romain Bardet, Kollege von John Degenkolb, gewinnt die Etappe. Der deutsche Profi ist überglücklich nach dem Doppelerfolg seines Teams.
Der deutsche Radprofi John Degenkolb reagierte mit „Gänsehaut“ auf den Doppelerfolg seiner Kollegen zum Auftakt der Tour de France. Beim ersten Start der Frankreich-Rundfahrt in Italien sorgte Romain Bardet für den französischen Tageserfolg, sein junger Kollege Frank van den Broek rollte am Samstag im Badeort Rimini als Zweiter über die Ziellinie. „Wahnsinn“, sagte Degenkolb nach den 206 anspruchsvollen Kilometern. „Ich war noch nie so emotional bei einem Sieg, den ich nicht selbst eingefahren habe“, fügte der 35-Jährige hinzu.
Freudestrahlend waren Bardet und der Niederländer van den Broek zum Auftakt der 111. Tour gemeinsam über die Ziellinie gerollt. Beide kamen als Ausreißer nur wenige Sekunden vor dem Hauptfeld ins Ziel. Der sichtlich erlöste van den Broek konnte den überraschenden Erfolg des niederländischen Rennstalls kaum realisieren. „Das ist wirklich unglaublich“, sagte er. „Ich habe keine Worte dafür.“ Bardet übernahm das Gelbe Trikot des Gesamtführenden. Der 33-Jährige holte seinen vierten Tour-Etappensieg. Der Belgier Wout van Aert kam als Dritter ins Ziel.
Wenig Grund zur Freude hatte Mark Cavedish, der schon zum Beginn der Tour sein großes Ziel eines weiteren Etappensiegs im Laufe des Rennens zum alleinigen Rekord ernsthaft infrage stellen musste. Der 39 Jahre alte Routinier war am Samstag schon früh im Rennen völlig entkräftet, er kam 39 Minuten nach Bardet ins Ziel. Das Zeitlimit lag bei 49 Minuten. „Es war so heiß, so heiß“, beklagte Cavendish.
Pogacar Fünfter
Die Favoriten um die zweifachen Giro-Sieger Tadej Pogacar und dem erst kürzlich nach Verletzung zurückgekehrten Titelverteidiger Jonas Vingegaard hielten sich zurück, möglicherweise kommt es am Sonntag zum ersten großen Showdown. Pogacar kam als Fünfter ins Ziel, Vingegaard wenig später als 16. Einige Beobachter rechneten mit einer frühen Attacke des Slowenen Pogacar. „Heute ist es noch nicht soweit. Aber ich denke, Sonntag oder die Etappe am Dienstag wird super hart für die Favoriten“, sagte er vor dem Etappenstart.
Der 25 Jahre alte Gewinner des Giro gilt als großer Favorit auf den Titel bei der Frankreich-Rundfahrt, könnte zum ersten Mal nach Marco Pantani vor 26 Jahren in einem Jahr bei beiden großen Rundfahrt triumphieren. Vingegaard hatte nach seiner schweren Verletzung im April kein Rennen bestritten. „Natürlich hatte er nicht die optimale Vorbereitung. Aber wir sind bereit zu kämpfen und schauen von Tag zu Tag“, sagte Vingegaards sportlicher Leiter Grischa Niermann bei Eurosport.
Hohe Temperaturen zehren an Fahrern
Das erste von insgesamt 21 Teilstücken hatte es nicht nur wegen der 3600 Höhenmeter in sich. Die hohen Temperaturen zehrten an den Kräften der Fahrer. Teils wurden an die 38 Grad auf der Strecke nach dem Start in Florenz gemessen.
Insbesondere Sprint-Star Cavendish litt bei seiner 15. Tour-Teilnahme unter den Bedingungen. Kurz vor dem Col de Valico Tre Faggi, dem ersten von insgesamt sieben Anstiegen des Tages, musste er sich sogar übergeben. Seine Teamkollegen spritzten ihm immer wieder Wasser in den Nacken. Cavendishs italienischer Kollege Michele Gazzoli musste 89 Kilometer vor dem Ziel das Rennen beenden. Cavendish will sich eigentlich den alleinigen Rekord der meisten Etappensiege bei der Tour sichern. Aktuell hält er zusammen mit dem Belgier Eddy Merckx den Bestwert mit 34 Tageserfolgen.
Nach Sturz mit Zuschauer: Hirt bricht sich Teile des Zahns ab
Es gab allerdings auch Probleme der anderen Art: Für den tschechischen Radprofi Jan Hirt begann die Tour schmerzhaft. Kurz vor dem Start der Etappe in Florenz kam es zum Zusammenstoß mit einem Zuschauer. Ein Sprecher des Teams Soudal-Quickstep bestätigte dies auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, konnte aber keine Details dazu nennen. Bei Hirt seien zwei Zähne beschädigt worden.
Am zweiten Tour-Tag gehen die Profis am Sonntag in Cesenatico an den Start. Die Stadt ist der Geburtsstadt des 2004 verstorbenen Tour-de-France-Siegers Marco Pantani. Die Etappe endet nach 199,2 Kilometern und einigen kurzen, aber knackigen Anstiegen in Bologna. Dort könnte ein Ausreißer mit Allrounder-Qualitäten siegen. Möglicherweise kommt es auch zu einem ersten Kräftemessen der Favoriten.