In Frankreich hat die erste Runde der Parlamentswahl begonnen, die einer rechtspopulistischen Regierung den Weg bereiten könnte. Rund 49 Millionen Wählerinnen und Wähler sind aufgerufen, die Abgeordneten der Nationalversammlung neu zu bestimmen. In den französischen Überseegebieten hatte die Stimmabgabe wegen der Zeitverschiebung bereits am Samstagmittag (MESZ) begonnen, im übrigen Frankreich öffneten die Wahllokale am Sonntag um 8.00 Uhr. Mit ersten Ergebnissen wird gegen 20.00 Uhr gerechnet.
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hatte die Neuwahl überraschend nach der Wahlschlappe des Regierungslagers bei der Europawahl Anfang Juni ausgerufen. Seine Hoffnung, die Franzosen würden bei einer nationalen Wahl anders abstimmen als bei dem EU-weiten Urnengang, scheint sich den Umfragen zufolge nicht zu bestätigen.
Vielmehr könnte der Urnengang den Weg zur ersten rechtspopulistischen Regierung des Landes seit der Gründung der aktuellen Republik ebnen. Es sieht sehr danach aus, dass das Regierungslager seine relative Mehrheit in der Nationalversammlung verliert.
Nach den Umfragen liegt die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN) stabil und mit Abstand vorn: Sie könnte ihr gutes Ergebnis bei der Europawahl sogar noch leicht verbessern und kam zuletzt auf 34 bis 37 Prozent. Das links-grüne Wahlbündnis Neue Volksfront folgte in den Umfragen mit 27,5 bis 29 Prozent der Stimmen. Das Regierungslager von Präsident Emmanuel Macron ist mit 20,6 bis 21 Prozent weit abgeschlagen.
Nach manchen Umfragen hat der RN sogar Aussicht auf die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung. Dabei gibt es allerdings noch viele Variablen.
Es ist damit zu rechnen, dass die Wahlbeteiligung wegen der Bedeutung des Urnengangs Rekordwerte erreicht. Dies dürfte dazu führen, dass mehrere Dutzend Kandidaten bereits in der ersten Runde gewählt werden. Vor der zweiten Runde am 7. Juli stellt sich dann die Frage, wie viele Kandidaten sich möglicherweise zurückziehen, um den Sieg eines RN-Kandidaten zu verhindern.
Sollte der RN die absolute Mehrheit erreichen, könnte Macron gezwungen sein, mit den Rechtspopulisten eine politische Zwangsehe einzugehen und den 28 Jahre alten Parteichef Jordan Bardella zum Premierminister zu machen. Dies wiederum könnte der früheren RN-Parteichefin Marine Le Pen den Weg eben, 2027 Präsidentin zu werden.