Die Europäische Union muss die Investitionen zur Erreichung ihrer Klimaziele für 2030 nach Angaben von Forschern verdoppeln. Es gebe zwar „vielversprechende Anzeichen für Fortschritte“ bei der Dekarbonisierung der Stromerzeugung und der Industrie sowie beim Einsatz sauberer Technologien, erklärte die Europäische Beobachtungsstelle für Klimaneutralität (ECNO) am Dienstag. Insgesamt verlaufe die Entwicklung aber noch „zu langsam“. Die EU drohe ihre Ziele „ohne eine Trendwende bei der Finanzierung und die Umsetzung der notwendigen Investitionen“ zu verfehlen.
Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken. Bis 2050 will sie klimaneutral sein.
Der Bericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Klimaneutralität, einem Zusammenschluss mehrerer Forschungseinrichtungen, stützt sich auf Daten aus dem Jahr 2022, als der russische Einmarsch in der Ukraine die EU in eine Energiekrise stürzte. In dem Jahr verzeichnete die EU der Studie zufolge ein Investitionsdefizit von 406 Milliarden Euro allein im Energie-, Gebäude- und Verkehrssektor. Um das Klimaziel für 2030 zu erreichen müssen die Investitionen in diesen Bereichen nach Angaben der Wissenschaftler auf 800 Milliarden Euro pro Jahr verdoppelt werden.
„Das ist die nächste Herausforderung für die EU-Kommission: ein langfristiger Investitionsplan, wie sie die Investitionslücke schließen will“, sagte die Mitautorin des Berichts, Clara Calipel vom Pariser Institute for Climate Economics.
Angesichts der gestiegenen Energiepreise im Beobachtungsjahr 2022 verdreifachten sich dem Bericht zufolge die Subventionen der EU-Länder für fossile Brennstoffe im Vergleich zu 2021 auf 190 Milliarden Euro. Diese Subventionen müssten schrittweise abgebaut werden, sagte Calipel. Stattdessen müsse das Geld einsetzt werden, um die energetische Sanierung von Häusern, den Einbau von Wärmepumpen und den Umstieg auf Elektroautos zu fördern.
Um das Klimaziel für 2030 zu erreichen, müsse außerdem der Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien 1,4 Mal so schnell steigen wie bisher, während der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe um das 1,8-Fache beschleunigt werden müsse, hieß es in dem Bericht weiter. Insbesondere bei der Nutzung von Erdgas verlaufe dieser Prozess zu langsam.
Nach der Neuwahl des EU-Parlaments Anfang Juni ist ungewiss, ob der Green Deal zur Erreichung von Klimaneutralität in der EU weiter vollständig umgesetzt wird. Die Wahlsieger der Europäischen Volkspartei (EVP) bekennen sich zwar zu dem Ziel, die Treibhausgasemissionen der EU bis 2050 auf Netto-Null zu senken. An einzelnen Klimagesetzen gibt es allerdings heftige Kritik aus dem rechten Lager.