Eine tödliche Attacke gegen einen jungen Mann in Nordrhein-Westfalen löst Bestürzung aus. Für ihre Reaktion wird die Bundesinnenministerin kritisiert – auch ihr SPD-Generalsekretär schließt sich an.
Nach dem tödlichen Angriff auf einen 20-Jährigen in Bad Oeynhausen kritisiert SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert die Kommunikation seiner Parteifreundin, Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Zu einer Stellungnahme der Ministerin, in der diese über die Attacke und den Tatverdächtigen sprach, sagte Kühnert in der Talkshow „Markus Lanz“: „Das (…) hat zu 100 Prozent zu viel die Perspektive des Täters und zu 100 Prozent zu wenig die Perspektive des Opfers und der Hinterbliebenen eingenommen.“
Moderator Markus Lanz hatte dem SPD-Politiker den Ausschnitt eines Videos gezeigt, das bei einer SPD-Veranstaltung aufgenommen und stellenweise bei Welt-TV ausgestrahlt worden war. Faeser sagte darin, dass der tatverdächtige 18-jährige Syrer auch ein Beispiel für eine „nicht gelungene soziale Integration“ sei.
„Hier wurde ein Mensch umgebracht, der nicht wieder lebendig wird“
Inhaltlich liege die Innenministerin nicht falsch, erklärte Kühnert. „Aber ich glaube, wer aufmerksam zuhört, wenn man mit Leuten in Wahlkämpfen und anderswo redet, kriegt genau solche Beispiele immer wieder genannt: dass das Gefühl da ist, die Falschen würden im Mittelpunkt der Diskussion stehen.“ Politikerinnen und Politiker neigten dazu, sich schnell den Umständen zuzuwenden. „Aber das hat erst mal alles gar nichts damit zu tun, dass hier ein Mensch umgebracht wurde, der nicht wieder lebendig wird.“
Kühnert wies aber darauf hin, dass er nur den gesehenen Videoausschnitt bewerten könne. „Ich kann ihre politische Arbeit in einem größeren Kontext einordnen und weiß, dass manchmal nicht alle Sätze so sitzen, wie man sie sich wünschen würde“, sagte er.
Kritik kam schon aus der CDU
Er sei sicher, dass Faeser keinen „blinden Fleck“ in ihrer Haltung habe. „Ich weiß, wie sehr ihr der Kampf auch gegen religiösen Fundamentalismus und dessen Auswüchse (…) am Herzen liegt“, sagte er zu Lanz. Als Beispiel nannte er die Durchsuchungen im Islamischen Zentrum Hamburg (IZH). Radikale Kräfte versuchten, innenpolitische Diskussionen für Hass und Hetze zu missbrauchen. „Aber dafür müssen wir Profis genug sein (…), einerseits Empathie für das Opfer und die Hinterbliebenen zu haben, nichts zu beschönigen und gleichzeitig diejenigen in die Schranken zu weisen.“
Der Angriff in Bad Oeynhausen in Ostwestfalen-Lippe hatte bundesweit Bestürzung ausgelöst – die Debatte über Flüchtlingszuwanderung und die Abschiebung von Straftätern neu entfacht. Der beschuldigte Syrer soll den 20-Jährigen in der Nacht zum 23. Juni unvermittelt attackiert, auf dessen Kopf eingeschlagen und eingetreten haben, so dass dieser später starb. Den Ermittlern zufolge war der Beschuldigte vorher durch Gewalt-, Eigentums- und Betäubungsmitteldelikte aufgefallen, aber nicht vorbestraft.
Faesers Äußerung war bereits aus der CDU scharf kritisiert worden. Generalsekretär Carsten Linnemann nannte ihre Aussage „de facto eine Täter-Opfer-Umkehr“.
Markus Lanz (2.7.)