Verkehr: Land: Deutschlandticket führt zu mehr Fahrten mit der Bahn

Nach der Einführung des 49-Euro-Tickets haben sich die Nutzerzahlen auf einigen Strecken im Südwesten fast verdoppelt. Aber nicht überall hat das Ticket die gleiche Wirkung.

Die Einführung des Deutschlandtickets im vergangenen Jahr hat nach Einschätzung der Landesregierung zu höheren Fahrgastzahlen im Regionalverkehr der Bahn geführt. Im ersten Quartal des Jahres 2023, also vor der Einführung des Tickets, habe die Fahrgastnachfrage in Baden-Württemberg noch unter den Vor-Corona-Werten gelegen, schreibt das Verkehrsministerium in einer Antwort auf eine gemeinsame Landtagsanfrage der Grünen-Fraktion und der CDU-Fraktion. Ab Mai 2023 – damals wurde das Ticket eingeführt – hätte die Nachfrage merklich angezogen. „Die Nachfragewerte der zweiten Jahreshälfte 2023 lagen gut 20 Prozent über den Werten des zweiten Halbjahrs 2019 vor der Pandemie“, heißt es in der Antwort auf die Anfrage. 

Besonders viele neue Fahrgäste verzeichnete das Ministerium auf längeren Linien zwischen Großstädten. So verdoppelte sich die Zahl der Fahrgäste auf der Linie Karlsruhe-Stuttgart-Aalen zwischen dem ersten und dem zweiten Halbjahr des Jahres 2023 annähernd. Die Strecke von Stuttgart über Ulm nach Friedrichshafen nutzten 35 Prozent mehr Menschen. 

Vor allem auf langen Strecken ist der günstige Preis attraktiv

Als Grund für die Zuwächse sieht das Ministerium vor allem das 49-Euro-Ticket. Es gebe einige Anzeichen, dass das Ticket der Haupttreiber für die Zuwächse der Nachfrage sei. „Gerade bei den nachfragestarken Linien ist das Deutschlandticket mittlerweile das eindeutig am häufigsten genutzte Ticket.“ Zudem habe die Nachfrage von April 2023 auf Mai 2023 überdurchschnittlich zugenommen. „Die Konzentration des Zuwachses auf die längeren Distanzen dürfte damit zu erklären sein, dass hier der günstigere Pauschalpreis des Deutschlandtickets am stärksten gegenüber dem Zustand zuvor wirkt.“

Das Ticket führt aber nicht überall zu mehr Fahrgästen. Auf kurzen Strecken sei die Nachfrage nicht so gestiegen wie bei längeren Distanzen, schreibt das Ministerium. So musste der Seehas, der zwischen Engen und Konstanz verkehrt, einen Fahrgastrückgang um vier Prozent verzeichnen, auf mehreren Strecken rund um Offenburg waren fünf Prozent weniger Fahrgäste unterwegs und die Stadtbahn Karlsruhe nutzen sieben Prozent weniger. 

Das Deutschlandticket für 49 Euro im Monat gibt es seit dem 1. Mai vergangenen Jahres – erhältlich als digital buchbares, monatlich kündbares Abonnement. Unterschiedliche Zonen oder Tarifbereiche können Fahrgästen seitdem egal sein: Es berechtigt bundesweit zur Fahrt in allen Bussen und Bahnen des Nah- und Regionalverkehrs. 

Wie lange kann der Preis gehalten werden?

Über den Preis des Deutschlandtickets gibt es jedoch schon länger Diskussionen und Streit. Bund und Länder subventionieren das Angebot pro Jahr mit jeweils 1,5 Milliarden Euro. Eine Preisgarantie seitens des Bundes und der Länder gibt es nur noch für dieses Jahr. Schon 2025 könnte das Ticket für Nutzerinnen und Nutzer daher teurer werden.

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) forderte vom Bund die Einhaltung seiner Finanzierungszusage. Das Ticket sei ein großer Erfolg. „Die Länder haben die Ko-Finanzierung des Tickets zum Preis von 49 Euro zugesagt, unter der Bedingung, dass der Bund seine Finanzierungszusage einhält. Dazu gehört, dass die nicht benötigten Mittel aus 2023 für 2024 genutzt werden“, sagte Hermann. Das Kabinett habe die Zusage des Kanzlers dazu bislang nicht eingelöst. „Wenn der Bundesfinanzminister die Restmittel einkassiert und das Kabinett sich weiterhin nicht positiv entscheidet, schaufeln sie am Grab des 49-Euro-Ticket“, warnte Hermann.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte die Debatte um eine Preiserhöhung jüngst neu angefacht. „Irgendwann muss die Politik entscheiden, ob wir eher in die Schiene investieren wollen oder ob der Preis von 49 Euro bleiben soll“, sagte Lindner.