Tour de France: Groenewegen siegt in Dijon – Merckx gratuliert Cavendish

Nach seinem Sprint in die Rekordbücher geht Altstar Mark Cavendish dieses Mal leer aus. In Dijon holt sich Dylan Groenewegen den Sieg. Tadej Pogacar bleibt in Gelb.

Sprinterkönig Mark Cavendish gönnte sich nach seinem Rekord-Coup eine kleine Auszeit, stattdessen schlug der einstige Bad Boy Dylan Groenewegen erstmals zu. Der Niederländer, der vor vier Jahren wegen seiner rüpelhaften Fahrweise gesperrt worden war, raste zum Sieg auf der sechsten Etappe der 111. Tour de France. Groenewegen verwies nach 163,5 Kilometern von Macon nach Dijon im Foto-Finish Mailand-Sanremo-Gewinner Jasper Philipsen und Biniam Girmay auf die Plätze.

Der deutsche Sprinter Phil Bauhaus belegte den fünften Platz und fuhr seine beste Platzierung in diesem Jahr ein. „Ich bin sehr glücklich. Meine Beine waren nicht so gut. Ich habe das Beste noch herausgeholt. Ich muss damit zufrieden sein“, sagte Bauhaus. Sein deutscher Kollege Pascal Ackermann wurde Zehnter.

Cavendish spielte dieses Mal auf Platz 20 keine Rolle, nachdem er am Vortag mit seinem 35. Tour-Etappensieg Historisches geschafft und Legende Eddy Merckx (34) endgültig hinter sich gelassen hatte. Aus der Ferne ließ es sich Merckx nicht nehmen, seinem Nachfolger in den Rekordlisten zu gratulieren. „So ein guter Kerl, der meinen Rekord geschlagen hat“, schrieb der 79-Jährige bei Instagram.

Großer Sieger war aber Groenewegen, der seinen sechsten Tour-Etappensieg holte. „Das fühlt sich so gut an und das im niederländischen Meistertrikot. Ich hatte den richtigen Moment. Ich wusste nicht, ob es gereicht hat“, sagte Groenewegen, der einst für neun Monate gesperrt worden war, nachdem er seinen Landsmann Fabio Jakobsen bei der Polen-Rundfahrt in die Barrieren abgedrängt hatte.

Pogacar weiter in Gelb nach Schrecksekunde 

Radstar Tadej Pogacar trägt das Gelbe Trikot weiter auf seinen Schultern. Der zweimalige Champion erreichte einen Tag vor dem ersten Zeitfahren mit dem Hauptfeld das Ziel und liegt weiterhin 45 Sekunden vor dem belgischen Zeitfahr-Weltmeister Remco Evenepoel. Titelverteidiger Jonas Vingegaard aus Dänemark weist als Dritter weiter einen Rückstand von 50 Sekunden auf. 

Trotzdem war der Tag für Pogacar nicht stressfrei. Als sich das Feld nach einer Windkanten-Attacke 80 Kilometer vor dem Ziel teilte, war der Slowene plötzlich ohne Helfer an seiner Seite. Noch weiter abgehängt war zu der Zeit sogar Cavendish, der einen technischen Defekt zur Unzeit hatte. Zehn Kilometer später war das Malheur aber wieder behoben.

„Mark Cavendish – der Kannibale“

Gesprächsthema Nummer eins war aber auch am Donnerstag der Rekordsieg des britischen Sprinters. „Mark Cavendish – der Kannibale“, titelte das Tour-Organ „L’Equipe“ in Anlehnung an den Spitznamen von Merckx und schrieb weiter: „Die Verbeugung eines Königs.“ Der Brite habe eine Wandlung „vom Hooligan zum Mönch“, vom verhassten Fahrer zum friedlichen Familienvater vollzogen.

Entsprechend groß war auch die Anerkennung der Fahrerkollegen, die zu Cavendishs Tour-Premiere 2007 noch größtenteils Kinder waren. „Er sagte mir, ich solle ihm den Rekord nicht so schnell wegnehmen. Aber ich glaube nicht, dass ich das schaffe. Das ist ein unglaublicher Sieg“, sagte Pogacar, der am Dienstag auf der schweren Berg-Etappe über den Col de Galibier seinen zwölften Etappensieg gefeiert hatte.

„Wenn es einen gibt, der diesen Rekord verdient, dann ist er es“, sagte Evenepoel, immerhin belgischer Landsmann von Merckx. Auch Wout van Aert war fasziniert. „Ich habe Mark noch am Fernseher verfolgt, als ich noch nicht Profi war. Ich respektiere ihn sehr. Er ist ein großer Champion“, meinte der neunmalige Tour-Etappensieger aus Belgien. 

Cavendish gerührt

Worte, die Cavendish berührten: „Das macht mich sehr emotional. Wir haben eine unglaubliche Gruppe an Radprofis in 2024. Das ist die Zukunft unseres Sports. Ich bin stolz, hier dabei zu sein.“

Am Freitag muss er den Stars der Branche wieder die Bühne überlassen, wenn es im ersten Einzelzeitfahren zum nächsten Kräftemessen kommt. 25,3 Kilometer sind zwischen Nuits-Saint-Georges, wo Marcel Kittel 2017 im Sprint triumphierte, und Gevrey-Chambertin zu bewältigen. Bis auf eine kleine Steigung zur Hälfte der Strecke ist der Kurs komplett flach.