Seit Jahren steigt die Zahl der Seiteneinsteiger an den Schulen Brandenburgs. Wenn Lehrer fehlen, springen sie ein und verhindern Unterrichtsausfälle. Doch es gibt daran auch Kritik.
Potsdam (dpa/bb) – An den Schulen Brandenburgs arbeiten derzeit so viele Seiteneinsteiger wie nie zuvor. Im laufenden Schuljahr 2023/24 sind fast ein Fünftel (17,7 Prozent) aller Lehrkräfte ohne Lehramtsbefähigung an den öffentlichen Schulen beschäftigt, wie das Bildungsministerium in Potsdam auf eine Anfrage aus der Linke-Landtagsfraktion mitteilte. In den ländlichen Regionen, dem sogenannten weiteren Metropolenraum, ist es sogar fast ein Viertel (24 Prozent). Von den dort arbeitenden 12.603 Lehrkräften haben 3006 keine Lehramtsbefähigung.
Anteil der Seiteneinsteiger steigt
Im berlinnahen Raum beträgt der Anteil der Seiteneinsteiger neun Prozent. Unter den dortigen 9.022 Lehrkräften gibt es 814 ohne entsprechenden Studienabschluss. Mitte des Jahres 2020 lag die Quote der Seiteneinsteiger unter allen Lehrkräften in Brandenburg noch bei 12,3 Prozent. Drei Jahre zuvor waren es erst 8,5 Prozent.
Nach einer früheren Prognose des Bildungsministeriums wird der Anteil der Lehrkräfte ohne abgeschlossenes Lehramtsstudium an allen Lehrkräften Brandenburgs frühestens ab dem Jahr 2026 zurückgehen. Diese Annahme geht allerdings davon aus, dass die mehr als 1.000 Studenten, die im Wintersemester 2020/2021 ihr Lehramtsstudium an der Universität Potsdam begonnen haben, ab dem Sommersemester 2026/2027 in den märkischen Schuldienst übernommen werden.
Lehrerverband: Keine Alternative zu Seiteneinsteigern
Für den Präsidenten des Brandenburgischen Pädagogen-Verbands, Hartmut Stäker, gibt es zur verstärkten Einstellung von Seiteneinsteigern keine Alternative. „Wir können uns schon glücklich schätzen, wenn es gelingt, dass das Niveau der vermittelten Bildung an den Schulen nicht noch weiter absinkt“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Dazu müsse die Qualifizierung der Seiteneinsteiger weiter verbessert werden. Bis die heutigen Lehramtsstudenten in den Landesdienst übernommen werden könnten, dauere es noch rund sieben Jahre. In der Grundschule müsse der punktuelle Schwerpunkt Rechnen, Schreiben und Lesen spätestens ab Klasse drei gewährleistet sein.
Landesschülerrat-Sprecher Stefan Tarnow nannte es wichtig, „dass wir erst einmal Personal an den Schulen haben“. Man müsse aber darauf achten, dass es nicht zu Qualitätseinbußen bei der Schulbildung komme. Leider gebe es immer wieder Personal, dem es an fachlicher und pädagogischer Qualifikation mangele.
Fortbildung auch für das schulische Führungspersonal
Das Lehramtsstudium sollte attraktiver gestaltet werden, auch die Fortbildung sollte ausgebaut werden – auch für das Führungspersonal, forderte Tarnow. „Auch eine Schulleitung muss wissen, wie man mit Nicht-Fach-Personal arbeiten kann.“
Die Sprecherin des Landeselternrates, Ulrike Mauersberger, nannte es eine „traurige Tatsache“, dass der Schulbetrieb in Brandenburg ohne Seiteneinsteiger nicht mehr möglich sei. Sie sprach von einer „jahrelangen verfehlten Bildungspolitik„.“Wir haben momentan noch immer nicht genügend Studienplätze für die künftigen Lehrerbedarfe.“
Zwar sei die Ausbildung von Seiteneinsteigern positiv, doch werde von Eltern im berlinfernen Raum berichtet, dass an einzelnen Schulen bereits überwiegend Seiteneinsteiger beschäftigt seien. „Dass sich das in der Qualität der Bildung niederschlägt, darüber brauchen wir nicht zu reden“, sagte Mauersberger.
Antwort auf Anfrage