Wer schwimmen kann, ist nicht nur beim Strandurlaub im Vorteil – die Fähigkeit kann Leben retten. Das wissen auch viele Eltern. Doch mal schnell einen Schwimmkurs buchen? Das ist schwierig.
Kinder in Bayern sollen künftig auch an Seen im Freistaat schwimmen lernen können. Anregungen gibt eine neue Arbeitshilfe der Wasserwacht, die am Karlsfelder See bei München vorgestellt wurde. Der Leitfaden „Schwimmen lernen am See“ sei eine Antwort auf das Bädersterben. Schwimmkurse an Freigewässern habe man bislang wegen des höheren Gefahrenpotenzials kritisch gesehen, doch die Verfügbarkeit geeigneter Frei- oder Hallenbäder erweise sich mehr und mehr als Nadelöhr, begründete der Verband und verwies auf Eltern, die lange auf einen Platz im Schwimmkurs für ihre Kinder warten müssen. Kritik gibt es von den Grünen – nicht an der Aktion, sondern an der Staatsregierung.
Schwimmen lernen im See – kein Tabu mehr
„Für viele Kommunen ist der Erhalt oder gar der Neubau eines Schwimmbads trotz finanzieller Förderungen ein teures Unterfangen“, sagte der Landesvorsitzende der Wasserwacht, Thomas Huber. Deshalb ziehe man nun auch andere Wasserflächen in Betracht und trenne sich von einem Tabu. „Auch an Seen kann man an geeigneten Stellen schwimmen lernen, es ist allerdings mit höheren Sicherheitsvorkehrungen, mehr Aufwand und Vorbereitung verbunden.“ Vom Wetter sei man aber ebenso abhängig, wie auch im Freibad. Oberstes Gebot sei die Sicherheit aller Beteiligten, was aber bei jedem Schwimmkurs gelte.
Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) lobte die Arbeitshilfe als Teil der Kampagne „Bayern schwimmt“. „In einem der wunderbaren bayerischen Seen zu schwimmen, ist Freiheit pur! Weil es aber immer weniger Schwimmbäder gibt und in der Pandemie viele nicht schwimmen lernen konnten, kennen viele Kinder dieses Glück leider noch nicht“, bedauerte sie.
Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) verwies auf staatliche Maßnahmen zum Erhalt der kommunalen schulisch nutzbaren Bäderinfrastruktur. „Jedes Kind in Bayern muss von klein auf schwimmen lernen“, stellte sie klar. Die Schulen leisteten hier einen kraftvollen Beitrag.
Es mangelt an Schwimmlehrern
Doch nicht nur der Rückgang öffentlicher Bäder verschärft den Engpass bei Kursen. Alexander Gallitz vom Deutschen Schwimmlehrerverband nennt auch einen Mangel an ehrenamtlichen Schwimmlehrerinnen und -lehrern. Das alles führe zu vollen Wartelisten. „Teilweise kenne ich Kollegen, die haben eine Warteliste, die erst in einem Jahr abgearbeitet werden kann.“
Allein bei der Wasserwacht Bayern nahmen vergangenes Jahr mehr als 12.700 Menschen an einem Schwimmkurs teil. Auch hier hieß es, die Wartelisten seien noch nicht abgearbeitet.
Wer keinen Kursplatz ergattern kann, für den hält die Wasserwacht einen „Selfmade-Schwimmkurs“ bereit, auch wenn sie grundsätzlich einen Kurs empfiehlt. Mit der Broschüre könnten Eltern ihren Kindern das Schwimmen beibringen oder sie vor einem Schwimmkurs schon mal an das Wasser gewöhnen, sagte eine Sprecherin. „Sich mit dem Wasser vertraut machen, den Kopf unter Wasser tauchen oder sich an Wasserspritzer an den Augen gewöhnen schafft eine gute Basis für das Schwimmen lernen.“ Starten sollte man in flachen Gewässern. Zudem gebe es Videos mit Anleitungen und Tipps.
Eltern sollen Kinder selbst unterrichten
Aus Sicht der Landtags-Grünen steht beim Schwimmenlernen die Staatsregierung in der Pflicht. Die stelle sich bei diesem Thema aber seit Jahren blind und taub, monierte Sport-Sprecher Max Deisenhofer. „Die Eltern sollen die Kinder selbst unterrichten und so ausbügeln, was die Staatsregierung versäumt hat. Die gewaltigen Probleme löst das nicht.“ Es müsse endlich mehr Geld fließen, um kommunale Schwimmbäder zu sanieren und ausreichend Trainingsmöglichkeiten für Rettungsdienste und Schwimmvereine zu sichern.