Twitter-Nachfolger: Nach EU-Untersuchung: Elon Musks X droht hohe Geldstrafe

Die EU-Kommission knöpft sich wieder ein großes US-Unternehmen vor. Die Plattform X verstößt in mehreren Bereichen gegen EU-Recht, sagt die Behörde. Damit droht dem sozialen Netzwerk eine hohe Strafe.

Nach vorläufiger Einschätzung der EU-Kommission verstößt US-Unternehmer Elon Musk mit seiner Online-Plattform X gegen EU-Recht. Damit droht der Firma eine hohe Strafzahlung, wie die Brüsseler Behörde mitteilt. Die Gestaltung der Online-Plattform X kann Nutzer laut Kommission in die Irre führen. Konkret wirft die Kommission X (früher Twitter) vor, dass die Art und Weise der Verifizierung von Nutzerkonten dazu führen könne, dass andere Nutzer der Plattform in die Irre geführt werden, weil jeder einen „verifizierten“ Account bekommen könne. 

Damit veröffentlicht die EU-Kommission erstmals vorläufige Untersuchungsergebnisse unter einem neuen EU-Gesetz über digitale Dienste (DSA). X kann nun auf die Vorwürfe reagieren. Durch Änderungen seines Vorgehens kann X die Kommission etwa davon überzeugen, dass sich die Plattform an EU-Regeln hält. Damit könnte der US-Konzern eine Strafe abwenden. Das Unternehmen war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Die Kommission betont, dass ihre heute vorgestellten Ergebnisse noch nicht endgültig sind.

Häkchen heute für Abo-Kunden

Bei Twitter wurden die weiß-blauen Häkchen-Symbole zur Verifizierung früher nach einer Prüfung durch das Unternehmen an Prominente, Politiker und Personen des öffentlichen Lebens vergeben. Das ist auch die gängige Praxis bei anderen Online-Diensten. Musk führte hingegen ein, dass alle Abo-Kunden Häkchen bekommen, die so aussehen wie früher. Insbesondere unmittelbar nach der Umstellung gab es mehrfach Ärger, weil falsche Accounts von Unternehmen und Prominenten plötzlich echt wirkten. 

Die Kommission teilte nun mit, es gebe Hinweise darauf, dass böswillige Akteure solche vermeintlich verifizierten Konten auf X missbrauchten, um andere Nutzer zu täuschen. Ein Kommissionsmitarbeiter sagte: „Wir sind der Meinung, dass die blauen Häkchen die Nutzer zu der Annahme verleiten, dass die Konten hinter diesen blauen Häkchen tatsächlich verifiziert sind.“ Um ein solches Häkchen zu bekommen, brauche man lediglich eine Telefonnummer und ein Bankkonto. 

Weitere Transparenzdefizite 

Online-Plattformen müssen sich wegen des DSA seit einiger Zeit an deutlich strengere Regeln halten. Dabei geht es unter anderem auch darum, dass es mehr Transparenz im Bereich Werbung gibt und Forschenden Zugriff auf bestimmte Daten gewährt wird. In beiden Punkten verstößt X laut vorläufiger Ansicht der EU-Kommission gegen den DSA. Auch gegen andere große Online-Plattformen laufen Untersuchungen auf Grundlage des DSA.

Konkret bemängelt die Kommission, dass Forschenden kein Zugriff auf öffentliche Daten gewährt wird. Vor der Übernahme durch Elon Musk habe Twitter sehr großzügig Daten bereitgestellt. Zudem geht die Kommission davon aus, dass Werbeanzeigen in betrügerischer Absicht geschaltet würden. So habe man etwa Betrugsversuche mit Werbung für Krypto-Währung festgestellt. 

Hohe Strafe droht 

Sollte sich die vorläufige Auffassung der Kommission bestätigen, kann die Behörde eine Geldbuße von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes verhängen. Gegen die Entscheidung könnte gerichtlich vorgegangen werden. 

Zum aktuellen Umsatz von X sind nur Schätzungen bekannt. Seit Musk den Vorgängerdienst Twitter im Oktober 2022 kaufte und von der Börse nahm, müssen keine Zahlen mehr vorgelegt werden. Details zum Geschäft gelangen nur bruchstückhaft ans Licht. So schrieb der Finanzdienst Bloomberg jüngst, im ersten Halbjahr 2023 seien die Erlöse im Jahresvergleich um 40 Prozent auf 1,48 Milliarden Dollar gefallen.

X steht auch schon länger in der Kritik, nicht genug gegen Falschinformationen und Hassrede auf der Plattform zu machen. Der DSA verpflichtet Unternehmen auch dazu, strikt gegen illegale Inhalte wie zum Beispiel Hassrede und Hetze im Netz vorzugehen. Musk hatte stets betont, die aus seiner Sicht zu starken Einschränkungen der Meinungsfreiheit auf der Plattform beseitigen zu wollen.

Weitere Untersuchungen 

X wurde deswegen von der EU-Kommission bereits ein Fragenkatalog geschickt, nachdem es zahlreiche Hinweise auf illegale und irreführende Beiträge zum Angriff der islamistischen Hamas auf Israel auf der Plattform gab. Da die Fragen offenbar nicht zur Zufriedenheit der EU-Kommission beantwortet wurden, wurde ein Verfahren gegen X eröffnet. 

Dieses läuft unabhängig von den heute vorgestellten vorläufigen Ergebnissen weiter. Es habe etwa von nationalen Aufsichtsbehörden und Organisationen zahlreiche Hinweise gegeben, heißt es aus Brüssel. Die Untersuchung werde ohne unangemessene Verzögerung vorangetrieben. Ein konkreter Zeitplan dafür ist nicht bekannt. 

Die Kommission hat zudem die Möglichkeit eingerichtet, das etwa Mitarbeitende von X online anonym Informationen zu den Vorwürfen einreichen können.