Kriminalstatistik: Kritik an Nationalitäten-Nennung Tatverdächtiger: „Gefahr“

Nordrhein-Westfalens Innenminister Reul will mit der Nennung der Nationalität von Tatverdächtigen für Transparenz sorgen. Migranten- und Journalistenvertreter warnen vor riskanten Nebenwirkungen.

Die Absicht des nordrhein-westfälischen Innenministeriums, bei Medienauskünften zu Straftaten künftig grundsätzlich auch die Nationalität von Tatverdächtigen zu nennen, stößt auf Skepsis und Kritik. Der Deutsche Journalistenverband (DJV) und der Landesintegrationsrat warnen vor möglicher Stigmatisierung von Menschen ausländischer Herkunft. Die FDP-Opposition im Düsseldorfer Landtag begrüßt den Vorstoß von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hingegen. 

Der Integrationsrat bewertete die geplante Änderung des Medien-Erlasses für die Polizei als „problematisch und gefährlich“. Zwar beabsichtige das Düsseldorfer Innenministerium mit der Neufassung für Transparenz zu sorgen und Spekulationen entgegenzuwirken – tatsächlich könnten jedoch Vorurteile und rassistische Stereotype verstärkt werden, warnte der Landesverband. „Durch die Nennung der Nationalität von Tatverdächtigen entsteht bei der Bevölkerung der Eindruck, dass diese entscheidend für das kriminelle Verhalten ist.“ Das könne den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden.

Drei Faktoren begünstigen kriminelles Verhalten 

Studien belegten, dass Kriminalität in erster Linie durch drei wesentliche Faktoren beeinflusst werde: sozialer Status, Geschlecht und Alter – nicht durch die Herkunft oder Migration, argumentierte der Integrationsrat. Natürlich seien Menschen aus sozioökonomisch benachteiligten Verhältnissen überdurchschnittlich häufig in Straftaten verwickelt. Ungleichheiten in Bildung, Einkommen und Lebensbedingungen begünstigten kriminelles Verhalten. Darüber hinaus zeige die Statistik, dass Männer – insbesondere junge Männer – überproportional häufig Straftaten begehen. Auch das gelte aber unabhängig von der Herkunft.

Besorgt äußerte sich auch der DJV: „Es wäre besser, weiterhin in jedem Einzelfall das öffentliche Interesse und den Schutz von Minderheiten sorgfältig gegeneinander abzuwägen und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob man die Nationalität nennt“, kommentierte Landesgeschäftsführer Volkmar Kah die Pläne des Innenministeriums. Die solle nur begründetem öffentlichem Interesse geschehen – so wie es der Pressekodex des Deutschen Presserats empfehle.

Wer garantiert sorgsame Abwägung in den sozialen Medien? 

Journalisten wägten das ohnehin sorgfältig ab, meinte Kah. Problematisch sei aber, wie mit den Informationen umgangen werde, die Bürger etwa über eigene Social-Media-Kanäle der Polizei direkt erreichten. Damit steige die Verantwortung der Behörden. Die Nationalität künftig generell zu nennen und auf die Abwägung zwischen berechtigten Interessen der Öffentlichkeit und schutzwürdigen Interessen der Betroffenen zu verzichten, „wäre kein guter Weg“, warnte Kah.

Das Düsseldorfer Innenministerium hatte seinen Vorstoß in dieser Woche mit einer Transparenz-Offensive begründet. Die Polizei in NRW wolle Spekulationen vorgreifen und dem Vorwurf entgegentreten, etwas verschweigen zu wollen, entgegentreten.“ Auch, weil es bei Straftaten immer häufiger journalistische Nachfragen zur Nationalität gebe, erscheine eine Neufassung des Erlasses von 2011 notwendig.

FDP: „der Öffentlichkeit zeigen, dass nichts verschwiegen wird“

Die FDP-Opposition stimmte dem zu. „Transparenz ist ein wesentliches Element, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Sicherheitsbehörden zu stärken“, betonte der innenpolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Marc Lürbke. „Es ist ein wichtiger Schritt, um der Öffentlichkeit zu zeigen, dass nichts verschwiegen wird.“