Schulbeginn: Neues Schuljahr, alte Probleme: Lehrermangel und Integration

Der Lehrermangel bleibt in Sachsen-Anhalt eine zentrale Herausforderung. Ab Montag beginnt für mehr als 214.000 Schüler wieder der Unterricht – mit Besonderheiten an einigen Schulen.

Zum Beginn des neuen Schuljahrs sieht Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) die Schulen im Land weiter vor großen Herausforderungen. Teilweise habe man an den Schulen noch immer mit den Nachwirkungen der Pandemie zu tun, erklärte Feußner. Der Mangel an Lehrkräften sei eine der größten Herausforderungen. 

Für die jährliche Pressekonferenz zum Schuljahresbeginn am kommenden Montag hatte die Ministerin in einen besonderen Ort eingeladen: ins Oli-Programmkino nach Magdeburg. Auf der großen Leinwand präsentierte sie mehrere Werbefilme der „Weltenretter“-Kampagne. Der Kampagne, mit der mehr junge Menschen für den Lehrerberuf in Sachsen-Anhalt gewonnen werden soll. Lehrerinnen und Lehrer aus verschiedenen Teilen des Landes erklären in bester Auflösung, warum der Beruf so spannend ist. Unkonventionelle Methoden und nahbare Lehrkräfte werden filmreif in Szene gesetzt. 

Am Montag beginnt für rund 214.300 Schülerinnen und Schüler das neue Schuljahr. Darunter sind etwa 19.500 Jungen und Mädchen, die eingeschult werden. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen an den Schulen habe sich insgesamt im Vergleich zum vorigen Schuljahr um rund 1.400 erhöht, sagte Feußner. Gleichzeitig sei die Zahl der Lehrkräfte stabil geblieben. Das Bildungsministerium geht angesichts der Herausforderungen dennoch von einer ausreichenden Unterrichtsversorgung aus. Die Details zum neuen Schuljahr: 

Unterrichtsversorgung

Über alle Schulformen hinweg hat sich die Unterrichtsversorgung im Vergleich zum Vorjahr leicht verschlechtert und liegt nach aktuellen Schätzungen bei 94 Prozent. Der Grundbedarf an Unterricht sei im Schnitt auskömmlich abgedeckt, sagte Bildungsministerin Feußner. Erklärtes Ziel der Koalition von CDU, SPD und FDP ist eine Unterrichtsversorgung von 103 Prozent, um Ausfälle etwa wegen Krankheit oder Elternzeit abfedern zu können. Sorgenkind unter den Schulformen seien weiter Sekundar- und Förderschulen, bei denen teilweise nicht einmal der Pflichtunterricht gedeckt werden könne. 

Lehrkräfte

Der Bedarf an Lehrkräften bleibt nach Sicht des Bildungsministeriums eine der größten Herausforderungen, denen sich Sachsen-Anhalt stellen müsse. Derzeit gibt es an den allgemeinbildenden Schulen im Land rund 14.000 Lehrkräfte im Landesdienst. Der Anteil der Lehrkräfte, die altersbedingt den Schuldienst verlassen, könne durch Neueinstellungen ausgeglichen werden, sagte die Ministerin. Einen großen Anteil machen inzwischen Seiteneinsteiger aus. Der Anteil der Seitensteiger hat sich nach Ministeriumsangaben von 1.400 auf mehr als 2.200 erhöht. Der Schulbetrieb werde zunehmend von Lehrkräften im Seiteneinstieg unterstützt. Sie seien zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Bildungslandschaft geworden. 

Schülerinnen und Schüler

Die Zahl der Schülerinnen und Schüler hat sich in Sachsen-Anhalt um rund 1.400 erhöht. Eine Herausforderung in diesem Bereich sei, dass der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen sei. Aktuell liege der Ausländeranteil bei rund elf Prozent. Von mehr als 21.500 ausländischen Kindern kommen nach Ministeriumsangaben allein etwa 6.100 aus der Ukraine. Es sei eine wesentliche Herausforderung, diese Kinder schnell und nachhaltig zu integrieren, betonte Feußner. 

Digitalisierung

Im Rahmen der Schulinfrastrukturadministration sollen bis Ende September 3.000 weitere iPads in der landesweiten Infrastruktur hinzugefügt werden. Zudem sollen alle weiteren 14.000 digitalen Endgeräte der Lehrkräfte in das landesweite Managementsystem eingebunden werden. Geplanter Abschluss der Maßnahme ist der Beginn der Winterferien im Jahr 2025. In den Sekundarschulen soll perspektivisch das Fach Informatik eingeführt werden. Für einen Übergangszeitraum solle Informatik schrittweise im Fächerverbund mit Technik unterrichtet werden. 

Unterstützung für soziale Herausforderungen

Mit Beginn des neuen Schuljahrs beginnt auch das neue Startchancenprogramm in Sachsen-Anhalt. Zunächst seien 30 Schulen beteiligt, später sollen es insgesamt 97 Schulen sein, die vor besonderen sozialen Herausforderungen stehen. Insgesamt würden am Ende mehr als 28.500 Schülerinnen und Schüler profitieren. Es gehe darum, die Bildungsvoraussetzungen zu verbessern, vor allem an Grund- und Sekundarschulen. Ziel sei es unter anderem, den Anteil der Schüler ohne Abschluss zu reduzieren. 

Neues Schulgesetz

Perspektivisch stelle die demografische Entwicklung in Sachsen-Anhalt das Land vor neue Herausforderungen. In diesem Schuljahr werde daher das Schulgesetz des Landes teilweise überarbeitet. Hierzu sei bereits eine Vorlage des Ministeriums erarbeitet und dem Kabinett vorgelegt worden. Es gehe nicht darum, den Menschen Angst einzujagen, dass sie vor Ort bald keine Schulen mehr haben, erklärte Staatssekretär Jürgen Böhm. Hier werde ein Streit vom Zaun gebrochen, der nicht realistisch sei. Es gehe darum, den Schulträgern grundsätzlich eine Flexibilität zu geben. 

Kritik

Gerade das Schulgesetz, das gerade überarbeitet wird, stößt auf heftige Kritik der Opposition im Landtag. AfD und Linke sehen darin den Versuch, Schulstandorte vor allem auf dem Land zu kürzen – das Ministerium weist diesen Vorwurf scharf von sich. Die Linke kritisiert darüber hinaus den Umgang des Ministeriums mit der sogenannten Vorgriffsstunde, einer zusätzlichen Unterrichtsstunde, die Lehrerinnen und Lehrer zu unterrichten haben. Mit dem Chaos zur Vorgriffsstunde habe das Bildungsministerium nicht für eine nachhaltige Stabilisierung der Unterrichtsversorgung, sondern für ein Debakel gesorgt, so die Kritik der Linken.