Der Bau des Erdgas-Terminals in Mukran auf Rügen war mit der drohenden Gasmangellage in Deutschland begründet worden. Die blieb aus und damit sehen sich Kritiker des Projektes bestätigt.
Die Verzögerungen bei der Aufnahme des Regelbetriebs am Flüssigerdgas-Terminal in Mukran auf Rügen haben die Debatte um die Notwendigkeit eines Gas-Importhafens an der deutschen Ostseeküste neu belebt.
Nachdem das Projekt gegen den Willen der Menschen vor Ort und mit Folgen für die Umwelt durchgedrückt worden sei, fehle nun die Nachfrage. „Niemand will es, keiner braucht es: Das LNG-Terminal auf Rügen ist eine teure und unnötige Investitionsruine“, erklärte Constantin Zerger von der Deutschen Umwelthilfe. Die Gas-Speicher in Deutschland seien voll, die drohende Mangellage nie eingetreten.
Backhaus will Auskunft über Versorgungslage
Auch Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister Till Backhaus (SPD) hält an seiner kritischen Haltung zu dem Projekt fest. Wie eine Ministeriumssprecherin sagte, will sich Backhaus erneut an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wenden, um zu erfahren, ob die Bundesregierung weiterhin die Gefahr eines Gasmangels sieht. Nach den heftigen Protesten auf Rügen gegen den Terminal-Bau hatte sich auch die Landesregierung gegen das Projekt ausgesprochen, doch waren die Landesbehörden an die Vorgaben aus Berlin gebunden. Die Umweltprüfungen seien jedoch in einem rechtsstaatlichen Verfahren ohne Eingriffe von Innen oder Außen erfolgt, hatte Backhaus betont.
Drohende Gasmangellage als Projektbeschleuniger
Der Bund hatte den Aufbau der LNG-Importinfrastruktur in Form von Terminals an Nord- und Ostsee unter dem Eindruck des russischen Angriffs auf die Ukraine forciert, um unabhängig von russischen Gaslieferungen zu werden. Die drohende Mangellage war der entscheidende Grund für die Aufnahme des Hafens Mukran in das LNG-Beschleunigungsgesetz, mit dessen Hilfe Planung und Bau des Terminals erheblich verkürzt wurden.
In Mukran liegen zwei Spezialschiffe, die in Tankern angeliefertes verflüssigtes Erdgas (LNG) aufnehmen und wieder in Gas umwandeln. Das Gas wird über eine etwa 50 Kilometer lange Pipeline durch die Ostsee zum Leitungsknotenpunkt in Lubmin bei Greifswald weitergeleitet. Die angestrebte Gesamtkapazität bezifferte die Deutsche Regas als Betreiber mit 13,5 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr, was in etwa 15 Prozent des aktuellen deutschen Jahresverbrauchs entspreche. Die Investitionskosten beliefen sich den Angaben zufolge auf rund 200 Millionen Euro.
Unterschiedliche Angaben zu Start des Regelbetriebs
Die Genehmigung zum Dauerbetrieb des Terminals war vom Umweltministerium in Schwerin bereits im April erteilt worden. Damals hatte die Deutsche Regas den sogenannten Regelbetrieb für Mai angekündigt, doch kam es bislang nicht dazu. Nun gibt es unterschiedliche Angaben von Betreiber und Behörden zum geplanten Start.
Laut Ministerium war der Start vom Betreiber am 21. Juli für den 5. August angezeigt worden. Das lasse sich entsprechend belegen, hieß es. Regas teilte allerdings mit, der Regelbetrieb sei letztlich doch nicht zum 5. August beziehungsweise in dieser Woche angezeigt worden. „Grund hierfür sind noch nicht abgeschlossene Abstimmungsmaßnahmen mit verschiedenen Partnern im Terminal-Betrieb“, erklärte Regas auf Anfrage.
Gas kommt zum Großteil weiter durch Pipelines
Trotz des Lieferstopps aus Russland bezieht Deutschland weiterhin den ganz überwiegenden Teil des Erdgases über Leitungen, insbesondere aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien. Flüssigerdgas macht nach Branchenangaben weniger als zehn Prozent aus.
Nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe ist die Nachfrage nach Flüssigerdgas aktuell gering. Auf der Transparenz-Plattform der europäischen Gasbranche „Gas Infrastructure Europe“ seien keine Buchungen für das Terminal in Mukran verzeichnet. Regas habe im Juli eine geplante Auktion zur Vergabe der Terminal-Kapazitäten auf unbestimmte Zeit verschoben. „Die von der Deutschen Regas im Wochentakt angekündigten LNG-Tanker sind nicht in Sicht“, sagte Zerger.