Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat den Vollzug des Verbots des rechtsextremistischen „Compact“-Magazins nach Angaben vom Mittwoch im Eilverfahren teilweise ausgesetzt. Die endgültige Entscheidung fällt aber erst später. Das Bundesinnenministerium kündigte an, seine Rechtsauffassung für das Verbot im Hauptsacheverfahren „weiter umfassend darlegen“ zu wollen. (Az. 6 VR 1.24)
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte das Magazin im Juli verboten, parallel hatte es Durchsuchungen in dessen Geschäftsräumen und in Privatwohnungen gegeben. Das Ministerium begründete das Verbot damit, dass die Compact-Magazin GmbH die verfassungsmäßige Ordnung ablehne und eine verfassungsfeindliche Grundhaltung habe.
Faeser bezeichnete das Magazin damals als „ein zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene“. Es hetze „auf unsägliche Weise gegen Jüdinnen und Juden, gegen Menschen mit Migrationsgeschichte und gegen unsere parlamentarische Demokratie.“
Gegen das Verbot reichte die von dem Aktivisten Jürgen Elsässer geleitete Compact-Magazin GmbH beim Bundesverwaltungsgericht sowohl eine Klage als auch einen Eilantrag ein, über den nun entschieden wurde. Er hatte teilweise Erfolg. Das Magazin kann vorläufig weiter erscheinen, bis über die Klage entschieden wurde. Die beschlagnahmten Beweismittel dürfen aber weiter ausgewertet werden.
Das Gericht teilte nach einer ersten Prüfung mit, dass die Erfolgsaussichten der Klage offen seien. Noch könne nicht abschließend beurteilt werden, ob „Compact“ sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte. Zwar gibt es demnach Anhaltspunkte für eine Verletzung der Menschenwürde in einzelnen Texten. Das Gericht zweifelt aber mit Blick auf die Meinungs- und Pressefreiheit daran, ob diese Textabschnitte so prägend sind, dass sie ein Verbot rechtfertigen.
Es wies darauf hin, dass es auch mildere Mittel gebe – etwa Veranstaltungsverbote, orts- und veranstaltungsbezogene Äußerungsverbote sowie Einschränkungen und Verbote von Versammlungen. Nach der ersten Abwägung im Eilverfahren wiege das Interesse von „Compact“, die sofortige Vollziehung des Verbots auszusetzen, schwerer als das öffentliche Interesse an diesem Sofortvollzug.
Chefredakteur Elsässer bezeichnete die Eilentscheidung im Onlinedienst X am Mittwoch als „Sieg“. Eine Entscheidung „wird erst im Hauptsacheverfahren fallen, und das werden wir auch gewinnen“, schrieb er.
Das Innenministerium erklärte dagegen, es habe „das verfassungsfeindliche, aggressiv-kämpferische Agieren der Compact-Magazin GmbH umfassend begründet und durch umfassendes Beweismaterial der Sicherheitsbehörden belegt“. Es werde im Hauptsacheverfahren seine Rechtsauffassung weiter darlegen „und den prägenden Charakter der Verfassungsfeindlichkeit weiter substantiieren“.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) sah in dem Beschluss ein „klares Bekenntnis des Gerichts zum Grundrecht der Pressefreiheit“.
Die FDP-Bundestagsabgeordnete Ann-Veruschka Jurisch sagte der Zeitung „Welt“: „So wenig ich die Inhalte von ‚Compact‘ teile, so sehr kann ich es nachvollziehen, dass das Bundesverwaltungsgericht den Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit im vorläufigen Verfahren für vorrangig hält.“
Die Linke sah die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts als „Beleg für einen funktionierenden Rechtsstaat“, wie die innenpolitische Sprecherin der Gruppe im Bundestag, Martina Renner, der Zeitung sagte.