ChatGPT als Bürgermeister: Was bizarr klingt, könnte im US-Staat Wyoming Realität werden. Dort verspricht der Kandidat Victor Miller, bei einem Sieg auf die Entscheidungen der KI zu setzen.
Die Einwohner von Cheyenne, Hauptstadt des US-Bundesstaates Wyoming, geben am Dienstag in den Bürgermeister-Vorwahlen ihre Stimme ab. Wenn sie Victor Miller ins Amt befördern, überlässt dieser alle politischen Entscheidungen einem KI-Chatbot – so lautet zumindest sein Versprechen. Anfang des Jahres hatte sich Miller gemeinsam mit seinem persönlichen ChatGPT-Bot namens „Vic“ (Virtual Integrated Citizen) als Bürgermeisterkandidat für Cheyenne beworben.
Künstliche Intelligenz habe ihm persönlich in seinem Leben weitergeholfen, erzählt Miller dem Sender „CNN„. Zum Beispiel dabei, seinen Lebenslauf zu erstellen. Nun wolle er einen Schritt weitergehen, um seiner Stadt zu helfen. „Ich möchte wirklich, dass das passiert“, versichert Miller. In einem Interview mit dem Lokalsender Your Wyoming Link lässt er teilweise sogar die KI-Stimme für sich antworten. Diese verrät, dass die politische Kampagne als Hybridansatz fungiere. Während „AI Vic“ datenbasierte Lösungen anbiete, sei Victor Miller der offizielle Bürgermeister.
Millers Kandidatur in der 64.000-Seelen-Stadt sorgt in seinem Bundesstaat für Diskussionen. „Die Gesetze von Wyoming besagen eindeutig, dass ein KI-Bot nicht für ein Amt kandidieren darf“, sagte der Staatssekretär Chuck Gray im Juni dem Nachrichtensender „NewsNation„. Miller gegenüber habe man das deutlich kommuniziert. „Wir prüfen, wie wir weiter vorgehen und welche Maßnahmen wir ergreifen können. Das ist ein besorgniserregender Trend in unserem Land“, mahnte Gray.
Auch außerhalb der USA wollen Politiker KI einsetzen
Die von Gray damals eingeleitete Untersuchung blieb ohne Folgen für Miller. Die Stadtbeamten in Cheyenne befanden, dass er lediglich Ratschläge und Anweisungen von ChatGPT erhalte. In erster Linie sei aber er selbst Bürgermeisterkandidat.
Ein Erfolg Millers wäre ein Novum in US-Wahlkämpfen. Der Trend lässt sich jedoch nicht nur in den Vereinigten Staaten beobachten. In Großbritannien hatte der Unternehmer und Politiker Steve Endacott für Aufsehen gesorgt, als er „AI Steve“, einen KI-generierten Avatar seiner selbst, vorstellte. Damit wollte er bei den britischen Parlamentswahlen am 4. Juli der erste KI-unterstützte Abgeordnete werden. Doch „AI Steve“ erhielt nur 179 Stimmen – und scheiterte.
SearchGPT Angriff auf Google OpenAI Chatgpt 16.57
Es bleibt abzuwarten, ob Politiker bald auf Basis von ChatGPT entscheiden. Vorstöße wie die von Miller und Endacott dürften sich in Zukunft aber häufen. Die Bürgermeisterschaftswahlen in Cheyenne sind ein weiterer Stimmungstest, ob auch die Bürger bereit dafür sind.
Weitere Quellen: Washington Post, The Guardian, Brighton & Hove City Council