Ob mit Schwert, Gewehr oder Autos: Computerspieler können auf der Messe Gamescom in digitale Abenteuer eintauchen. Das Interesse ist groß, die Besucher drängeln sich durch die Ausstellung.
Die weltgrößte Computerspiele-Messe Gamescom hat Zehntausende Menschen in die Kölner Messehallen gelockt. Nachdem es am Dienstagabend mit einer Show losgegangen war, strömten die Firmenvertreter und Spielefans scharenweise zu den Ständen der mehr als 1400 Aussteller – das waren 15 Prozent mehr als im Vorjahr. An den Ständen konnten die Besucher neue Games zur Probe spielen und mit Entwicklern ins Gespräch kommen. Die Warteschlangen an Bereichen von Microsoft Xbox, Ubisoft mit seinem Spiel „Star Wars Outlaws“ und Capcom mit „Monster Hunter Wilds“ waren lang.
In den kommenden Tagen wird der Andrang bei der Publikumsmesse wohl noch größer, der Samstag ist bereits ausverkauft. Die Messe endet am Sonntag. 2023 kamen 320.000 Menschen zu dem Branchenevent.
Auffällig ist die Präsenz von großen US-Technologiekonzernen. So wurde bei der Auftakt-Show Opening Night Live die Serie „Secret Level“ vorgestellt, die im Dezember bei Amazon Prime erscheinen soll und verschiedene Welten aus der Gamingwelt vereint. Auch das Netflix-Spiel „Squid Game: Unleashed“ wird auf der Messe beworben.
VR-Games wollen raus aus der Nische
Außerdem gibt es Neuheiten aus dem Virtual-Reality-Bereich: Das Actionspiel „Batman: Arkham Shadow“ wird beworben, es ist nur mit der VR-Brille Quest 3 vom Facebook-Mutterkonzern Meta zu spielen.
Schon lange rechnet man damit, dass dieser optisch vielversprechende Bereich aus seiner Nische herauskommt, aber so wirklich zum Kassenschlager sind VR-Games bislang nicht geworden. Letztlich ist das eine Art Henne-Ei-Problem: Es gibt wenig Nachfrage, weil es wenige Anwendungen gibt, und es gibt wenige Anwendungen wegen der schwachen Nachfrage. Die früher sündhaft teuren VR-Brillen sind inzwischen aber für weniger Geld zu haben, möglicherweise bahnt sich da allmählich doch noch ein Massengeschäft an. Mit dem Batman-Spiel wird nun zumindest ein neuer Anlauf genommen.
Milliardengeschäft Games
Bei der Gamescom sind vor allem junge Leute zu sehen. Geradezu nostalgisch wird es beim Stand von „Civilization“, einem Strategiespiel des Studios Firaxis. Es ist schon die siebte Ausgabe des Klassikers, die bald neu herauskommt. Die erste Ausgabe von Civilization ist von 1991.
Computer- und Videospiele sind ein Milliardengeschäft: Im vergangenen Jahr gaben die Menschen in Deutschland knapp zehn Milliarden Euro für Spiele, Hardware und Online-Dienste aus. Im ersten Halbjahr dieses Jahres schwächte sich das Geschäft, das in den Corona-Jahren einen starken Wachstumsschub bekommen hatte, ab. Insgesamt belasten gestiegene Kosten und eine schwächere Nachfrage die Branche, was Investoren verschreckt hat.
Die Gamescom ist ein internationaler Treff, deutsche Entwickler spielen nur eine Nebenrolle – nur etwa fünf Prozent des Geldes, das in Deutschland für Games ausgegeben wird, entfallen auf Spiele, die dort entwickelt wurden. Der Branchenverband Game, der die Gamescom zusammen mit der Koelnmesse ausrichtet, fordert mehr staatliche Unterstützung.
In Deutschland arbeiten rund 12.400 Menschen in der Spielebranche bei circa 950 zumeist kleinen Unternehmen. Zu den inländischen Firmen gehören etwa Deck 13 aus Frankfurt, das rund 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat, Rockfish Games aus Hamburg (35 Mitarbeitende) und Envision Entertainment aus Ingelheim (Rheinland-Pfalz, 18 Mitarbeiter).
Verband sieht wachsendes Interesse
Nach Einschätzung des Game-Vorstandsvorsitzenden Lars Janssen hat die Branche eine gute Perspektive. Das Interesse an Games steige, sagt der Verbandsvertreter. Nicht nur junge Menschen spielten an Konsole, Computer oder Smartphone. „Es gibt immer mehr Menschen, die auch in den 50ern oder 60ern noch spielen oder sogar damit anfangen.“ Die Spiele der Branche seien so vielfältig, dass völlig unterschiedliche Interessen bedient werden könnten.
Förderpolitik des Bundes in der Kritik
Janssen ist auch Chef des Studios Deck 13, das Actionspiele wie „The Surge“ und „Atlas Fallen“ herausgebracht hat. Vor einiger Zeit bekam das Unternehmen die Zusage des Bundeswirtschaftsministeriums, der zufolge es für die Entwicklung eines neuen Actionspiels knapp fünf Millionen Euro Fördergeld erhält. Die Auszahlung erfolgt schrittweise über mehrere Jahre, das Spiel – Projektname Foxtrott – soll 2027 auf den Markt kommen. Die Firma hatte gewissermaßen Glück gehabt, denn seit März 2023 gilt ein Förderantragsstopp beim Bundeswirtschaftsministeriums – neue Anträge können vermutlich erst Anfang 2025 wieder eingereicht werden.
Diese Durststrecke ist für den Branchenverband Game ein Ärgernis. „Das ist wirklich ein Standortnachteil für viele Unternehmen hier in Deutschland“, sagt Verbandsvertreter Janssen und mahnt eine verlässliche und kontinuierliche Förderpolitik an. Auch Vertreter der Bundesländer – etwa Bayerns Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler) sehen das Berliner Vorgehen sehr kritisch. Für Mittwochabend wurde Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck erwartet, in dessen Ressort die Gamesförderung angesiedelt ist.