Es ist kein gutes Jahr für die Landwirte in Schleswig-Holstein. Zum zweiten Mal in Folge fahren sie eine unterdurchschnittliche Ernte ein. Dazu sind die Preise nicht wie erhofft.
Die Ernte in Schleswig-Holstein fällt nach einem schwachen Jahr 2023 auch in diesem Jahr überwiegend schlecht aus. Viele Bauern seien von Erträgen und Qualitäten enttäuscht, machten Agrarminister Werner Schwarz (CDU), die Präsidentin der Landwirtschaftskammer, Ute Volquardsen, und der Präsident des Bauernverbands, Klaus-Peter Lucht, bei der vorläufigen Erntebilanz in Ottendorf bei Kiel deutlich.
Nach vorläufigen Zahlen des Statistikamts Nord – noch ist nicht die gesamte Ernte eingefahren – werden die Winterweizenerträge mit 7,95 Tonnen je Hektar rund 4 Prozent unter dem Vorjahresniveau und 9 Prozent unter dem langjährigen Durchschnitt liegen. Bei der Wintergerste dürfte der Ertrag mit 8,43 Tonnen knapp auf der Höhe des langjährigen Durchschnitts liegen.
Ein sehr schlechtes Ergebnis gibt es mit 3,28 Tonnen beim Winterraps, der hinter dem langjährigen Mittel von 3,83 Tonnen zurückbleibt. Einen höheren Ertrag wird es in diesem Jahr bei Sommergetreide wie Sommerhafer und Sommerweizen geben. Es wird mit 284.500 Tonnen gerechnet, einem Plus von 141 Prozent. Viele Bauern konnten wegen nasser Felder im Herbst nicht wie geplant Wintergetreide säen und stiegen auf Sommergetreide um.
Maisernte steht noch aus
Die Maisbestände sind den Angaben zufolge je nach Standort und Saatzeitpunkt unterschiedlich entwickelt. Die Anbaufläche liegt etwa auf dem Niveau des Vorjahres bei 159.400 Hektar. Gegen den Trend gab es ein gutes Jahr beim Gras. Das feuchte Wetter förderte das Wachstum, sodass ausreichend Schnitte eingefahren werden konnten.
Marktpreise belasten Bauern
Volquardsen berichtete von aktuell niedrigen Marktpreisen, was in Kombination mit geringeren Erträgen die Betriebe schwäche. Eine geringere Ernte in Deutschland führe wegen des Weltmarkts nicht automatisch zu höheren Preisen. So habe es etwa in den USA eine Rekordernte beim Weizen gegeben. „Im neuen Anbaujahr geht es nun darum, mit der Aussaat die richtigen Weichen zu stellen, Anbau- und Preisrisiko abzusichern“, so Volquardsen.
Reaktion auf Klimawandel
Die Landwirtschaft sei ein „Draußengeschäft“, betonte Landwirtschaftsminister Schwarz. Trotz allen Fortschritts sei die Landwirtschaft in besonderem Maße den Risiken des Klimawandels ausgesetzt. „Wir sehen in den letzten Jahren, dass Höchsterträge nur noch selten zu erreichen sind.“ Die Landesregierung lasse die Landwirte beim Anpassungsprozess aber nicht allein.
Mit dem Kompetenzzentrum für klimaeffiziente Landwirtschaft sollen Antworten für die Praxis gefunden werden. Landwirt Stefan Sager, auf dessen Hof die Erntebilanz vorgestellt wurde, sagte, er setze beim Klimawandel auf Forschung und den Fortschritt der Technik.
Nach Einschätzung des Ministers kann es nötig sein, künftig mehr Sommergetreide anzubauen, das allerdings weniger Ertrag liefere. Auch Mais sei zukunftsfähig, weil er sowohl mit trockenen als auch mit nassen Verhältnissen zurechtkomme.
Kritik aus dem Bauernverband an der Politik
Bauernverbandspräsident Lucht nutze die Erntebilanz zu Kritik an der Landwirtschaftspolitik. Der Agrarstandort Schleswig-Holstein müsse gestärkt werden. Das gehe aber nicht, wenn Deutschland auf europäische Regelungen immer noch etwas draufsetze. Besonders verfehlt sei die Politik im Bereich der Pflanzenschutzmittel. Das führe zu Ertragseinbußen.
Dabei hätten die Landwirte in weniger als zehn Jahren den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bereits fast um die Hälfte reduziert. Seine Forderung: Die Agrarpolitik müsse in allen Ländern der EU gleich sein. Es mache zum Beispiel keinen Sinn, in Deutschland den Schweinebestand zu reduzieren und gleichzeitig in Spanien auszuweiten – und auch noch Futtermittel von Deutschland nach Spanien zu transportieren.