Anschlag: Drei Tote bei Stadtfest: Solingen im Ausnahmezustand

Was als fröhliches Straßenfest beginnt, mündet in Blutvergießen und Panik. Am Ende konstatiert ein sichtlich ergriffener Innenminister: „Wir sind tief erschüttert und in Trauer vereint.“

Am vielen Blaulicht im gesamten Stadtgebiet ist die absolute Ausnahmesituation in Solingen zu erkennen: Polizisten stehen bewaffnet auf abgesperrten Straßen, Sichtschutzwände sind aufgebaut, Streifenwagen fahren auf und ab. Von der feierlichen Stimmung des Fests zum 650. Geburtstag der nordrhein-westfälischen Stadt ist nichts mehr übrig, als NRW-Innenminister sichtlich ergriffen vor die Kameras tritt. „Aus dem Nichts sticht jemand wahllos auf Menschen ein“, sagt der CDU-Politiker nach einem Besuch am abgesperrten Tatort. „Wir in Nordrhein-Westfalen, wir sind tief erschüttert und in Trauer vereint.“

Gegen kurz nach halb zehn am Freitagabend hat ein Unbekannter während des Stadtfests auf dem Fronhof – einem Marktplatz in der Solinger Innenstadt – drei Menschen mit einem Messer getötet und mehrere schwer verletzt. Zeugenaussagen zufolge habe er das Messer aus dem Nichts gezogen, schildert die Polizei. Wegen seines zielgerichteten Vorgehens müsse man von einem Anschlag ausgehen. Nach der Tat habe er im Tumult und in der sich anfangs ausbreitenden Panik flüchten können. Die Fahndung nach dem Täter läuft, auch Stunden später können die Sicherheitsbehörden noch keine gesicherten Angaben zu seinem Aufenthaltsort oder Aussehen machen.

Gespenstische Stille

Polizisten und Sondereinheiten aus ganz NRW werden nach Solingen abgezogen, um die Einsatzkräfte dort zu unterstützen. Die Polizei in Wuppertal ruft via Facebook dazu auf, die Solinger Innenstadt zu meiden. Dem Aufruf scheinen die meisten zu folgen: Rund zwei Stunden nach dem Blutvergießen ist das Stadtzentrum fast menschenleer. Außer dem Knattern eines Hubschraubers, der lange am Himmel kreist, herrscht Stille. Die Stimmung ist gespenstisch. 

Die Polizei hat den Tatort weiträumig abgesperrt. Eine Kette aus Beamten sichert die Zugangswege zu der Straße, in der mehrere Menschen ihr Leben verloren. Stunden später sind nur noch wenige Schaulustige zu sehen, vor allem Journalisten harren weiter aus, um das Geschehen zu begleiten. Zwischendurch lassen die Sicherheitskräfte immer wieder Einsatzfahrzeuge von Polizei, Feuerwehr und Spurensicherung passieren. 

Innenminister Reul am Tatort

Um kurz vor ein Uhr in der Nacht trifft Innenminister Reul in Solingen ein, wird von Beamten an den Tatort geführt. Knapp 15 Minuten lang verschafft er sich einen Eindruck, bevor er vor die zahlreichen wartenden Journalisten und Kameras tritt. Vor Spekulationen über den Täter könne er nur warnen, sagt Reul. „Man kann noch nichts sagen zur Person und zum Motiv.“ Es gebe dafür einfach keine belastbaren Fakten. Der Mann sei sehr wahrscheinlich als Einzeltäter unterwegs gewesen. Bei den Toten handele es sich um eine Frau und zwei Männer – nach Ministeriumsangaben Besucher des Fests.

Nach seinem knappen Statement steigt der Minister ins Auto, auch die meisten Journalisten verlassen nun den Tatort. Die Stadt erklärt das ursprünglich auf drei Tage angelegte Stadtfest für beendet.

Die intensiven Ermittlungen der Sicherheitsbehörden gehen unterdessen weiter. „Wir arbeiten auf Hochtouren“, sagt ein Polizeisprecher. Man müsse die Hinweise und Informationen wie ein „Puzzle“ auswerten.