Nach der Eskalation bei Thyssenkrupp im Streit um die Zukunft der Stahlsparte hat der scheidende Aufsichtsratschef Sigmar Gabriel ein noch größeres Engagement des tschechischen Investors Daniel Kretinsky vorgeschlagen. Es wäre „das Beste für die Stahlsparte“, wenn der Investor sie „zu 100 Prozent übernehmen würde“, sagte Gabriel dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“ laut Vorabmeldung vom Freitagabend.
„Mit ihm gab es zuletzt die beste Diskussion über die Zukunft des Stahls in Europa seit Langem“, fuhr Gabriel fort. Der Investor bringe frischen Wind in das Unternehmen, auch wenn noch nicht klar sei, ob sich alle seine Vorstellungen realisieren ließen.
Thyssenkrupp treibt die Abspaltung seiner kriselnden Stahltochter voran. Mittlerweile wurden 20 Prozent an die Firma EPCG des tschechischen Milliardärs Kretinsky verkauft. Geplant ist, weitere 30 Prozent an EPCG abzutreten. Heftigen Streit gab es zuletzt vor allem darüber, wie viel Geld die Sparte noch vom Mutterkonzern erhalten soll. Arbeitnehmervertreter warnen außerdem seit Monaten vor einem möglichen Stellenabbau wegen der geplanten Restrukturierung.
Am Donnerstagabend dann hatten nach einer Aufsichtsratssitzung von Thyssenkrupp Steel die Spitzen sowohl des Aufsichtsrats als auch des Vorstands der Thyssenkrupp-Tochter ihren Rücktritt angekündigt. Gabriel machte vor allem dem Chef des Gesamtkonzerns, Miguel López, schwere Vorwürfe. Dieser habe in den vergangenen Wochen eine „beispiellose Kampagne“ gegen den Vorstand der Stahlsparte betrieben.
Im Gespräch mit dem Wirtschaftsmagazin „Capital“ wiederholte er seine Vorwürfe. López habe in den vergangenen Wochen „permanent direkt in die Stahlsparte eingegriffen, an uns vorbei, ohne uns zu informieren“. Den dortigen Chef habe er „von seiner Arbeit abgehalten“.
Er bestätigte auch den Streit über die Finanzen: „Wenn sie die Tochter an die Börse bringen wollen, dann muss sie so ausgestattet sein von ihrer Eigentümerin, dass sie das kann“, sagte Gabriel. López hingegen „möchte nicht mehr Eigentümer sein, sondern sich gegenüber der Stahl AG verhalten wie eine Bank. Das heißt, er will ihr Darlehen geben – und das nicht mal ausreichend.“