Matthias Sammer wundert sich über den FC Bayern und die Nationalmannschaft. Konkret geht es bei ihm um den Fall Leon Goretzka. Was stört Sammer daran?
Matthias Sammer (56) ist irritiert über den Umgang des FC Bayern München und der deutschen Nationalmannschaft mit Mittelfeldspieler Leon Goretzka. Bundestrainer Julian Nagelsmann hat schon bei der Heim-EM auf Goretzka verzichtet. Der FC Bayern hätte den sehr gut verdienenden und um Einsatzzeiten kämpfenden Profi gerne in diesem Sommer verkauft.
Sammer räumte auf einer Veranstaltung von Prime Video in München ein, dass er bei diesem Thema „dünnes Eis“ betrete. Der ehemalige DFB-Sportdirektor und Sportvorstand des FC Bayern kennt aber Goretzka, der „bestimmt einen eigenen Kopf“ habe, schon seitdem dieser 16 Jahre alt ist.
„Untypisch für Bayern München“
„Bayern München hat sich dafür entschieden, das so zu tun. Die Motive sind von mir nicht zu beurteilen. Ich persönlich hätte das nicht getan, ich muss aber auch nicht das Gehalt geben, ich weiß nicht, wie der Trainer über ihn denkt, ich weiß nicht, wie sie die Strategie insgesamt sehen“, führte Sammer aus. „Es ist etwas untypisch für Bayern München, ich hab das in der Vergangenheit öffentlich nie wahrgenommen, dass das passiert ist.“
Sammer betonte: „Ich kritisiere überhaupt nichts, ich stelle nur infrage, was das für die Seele von Menschen bedeutet. Das kenne ich so nicht, das kenne ich auch auf top top Level international nicht.“ Goretzka sei schließlich nicht „so ein Möchtegern“, sondern habe schon Titel gewonnen. „Wenn ich jemanden irgendwann nicht mehr haben will, dann kann man das anders lösen als über die Öffentlichkeit.“
Sammer spricht von „Signalwirkung“
Goretzka ist im defensiven Mittelfeld des FC Bayern nicht mehr gesetzt. In der Vorbereitung wurde er auch in der Abwehr eingesetzt. Zuletzt in der Bundesliga beim 2:0 gegen den SC Freiburg wurde der vertraglich noch bis zum 30. Juni 2026 gebundene Goretzka erst in der 90. Minute eingewechselt.
Wenn ein Spieler öffentlich infrage gestellt werde, dann habe das „Signalwirkung“, befand Sammer. „Ich persönlich halte das nicht für den richtigen Weg, das heißt aber nicht, dass ich damit Recht haben muss.“
„Menschen nach außen stützen“
Sammer erinnerte auch an Diskussionen um die Münchner Verteidiger Dayot Upamecano und Minjae Kim sowie den mittlerweile an Manchester United verkauften Matthijs de Ligt. „Ich würde nie versuchen, jemanden öffentlich infrage zustellen, von dem ich drei Wochen später erwarten muss, dass er mir alles gewinnen kann. Das würde ich persönlich nicht tun“, meinte Sammer, der als Experte für Prime Video auch in dieser Champions-League-Saison im Einsatz ist. „Es ist immer gut und wertvoll, Menschen nach außen richtig zu stützen und zu verteidigen, nach innen ist das etwas anderes.“
Sammer nannte zudem das Beispiel von Nationalspieler Joshua Kimmich, dessen ehemaliger Bayern-Trainer Thomas Tuchel eine Mittelfelddebatte losgetreten hatte. „Wir können darüber diskutieren: Ist er der richtige Sechser? Ist er der richtige Rechtsverteidiger? Aber wir können nicht darüber diskutieren, dass er sein ganzes Leben auf dem Platz lässt“, sagte Sammer.