Nach den Rücktritten von Stahl-Vorständen und -Aufsichtsräten geht die Debatte um die Zukunft der Thyssenkrupp-Stahlsparte weiter. Nun sprach IG Metall-Chefin Benner mit Beschäftigten vor Ort.
Im Streit um die Zukunft des Stahlherstellers Thyssenkrupp Steel hat IG Metall-Chefin Christiane Benner dem Management des Mutterkonzerns vorgeworfen, „die Kultur der Mitbestimmung über Bord“ zu werfen. „Dies ist ein Irrweg, den das Management sofort verlassen muss“, erklärte Benner bei einem Besuch in Duisburg laut einer Mitteilung der Gewerkschaft. Ohne Respekt vor der Mitbestimmung und Zusammenarbeit auf Augenhöhe gehe es nicht. „Jetzt gilt es, gemeinsam alle Energie aufzuwenden für einen klimaneutralen Umbau der Werke und für nachhaltige, zukunftsfähige Beschäftigung, die die Region stärkt.“
Thyssenkrupp Steel ist Deutschlands größter Stahlhersteller. Die Stahlsparte des Industriekonzerns Thyssenkrupp leidet seit Längerem unter zu geringer Nachfrage, hohen Energiekosten, Überkapazitäten und Billigimporten. Die Muttergesellschaft will sie verselbstständigen. Im Zuge dessen ist ein deutlicher Kapazitätsabbau geplant, der auch mit Stellenstreichungen verbunden sein wird. Derzeit sind in der Sparte noch 27.000 Menschen beschäftigt, davon 13.000 in Duisburg.
Über die Pläne für eine Neuaufstellung der Sparte war es in den vergangenen Wochen zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Stahl-Vorstand und Konzernmanagement gekommen. In dessen Verlauf erklärten drei Stahl-Vorstände und vier Steel-Aufsichtsräte ihren Rücktritt.
Benner: Sorge um Arbeitsplätze treibt Menschen um
Nach Gesprächen mit Stahl-Beschäftigten erklärte Benner: „Die Sorge um die Zukunft ihrer Arbeitsplätze, ihrer Familien und ihrer Heimatregion treibt die Menschen um.“ Die Verunsicherung und der Frust über das Verhalten der Konzernführung sei groß. „Mindestens genauso groß ist aber auch die Entschlossenheit der Beschäftigten, für ihre Arbeitsplätze und eine gute Zukunft von Thyssenkrupp zu kämpfen.“
NRW-Landtag befasst sich mit Lage bei Thyssenkrupp
Die Lage bei Thyssenkrupp Steel beschäftigt an diesem Donnerstag auch den nordrhein-westfälischen Landtag. Die Fraktionen der oppositionellen SPD und der AfD haben eine Aktuelle Stunde beantragt. Anlass sind „Risiken ungeplanter Mehrkosten“ beim Bau einer milliardenschweren Anlage zur klimaschonenderen Herstellung von Stahl in Duisburg, von denen Thyssenkrupp-Aufsichtsratschef Siegfried Russwurm Ende August gesprochen hatte.
Die sogenannte Direktreduktionsanlage soll 2027 in Betrieb genommen werden und einen Hochofen ersetzen. Sie soll nach bisheriger Kalkulation rund drei Milliarden Euro kosten. Davon wollen der Bund rund 1,3 Milliarden Euro, das Land NRW rund 700 Millionen Euro übernehmen.
Die Situation möglicher Risiken und sich daraus ergebender möglicher Kostensteigerungen werde derzeit bewertet, hatte die Stahlsparte zuletzt erklärt. „Aktuell gehen wir davon aus, dass die Direktreduktionsanlage unter den gegebenen Rahmenbedingungen realisiert werden kann“, hieß es in einer Stellungnahme des Unternehmens.
Für die SPD stelle sich die Frage, „ob das Land bereit und in der Lage sein wird, (…) im Notfall Kostensteigerungen der Umrüstung der Stahlproduktion mitzutragen“, hieß es im Antrag für die Aktuelle Stunde.
Mitteilung Tagesordnung Landtag NRW 12.9.24