Ab Dezember entfallen aus Kostengründen Bahnverbindungen in Schleswig-Holstein. Trotz Sparkurs überraschen CDU und Grüne nun mit einem Vorstoß zu den Bahntrassen für den Regionalverkehr.
Die schwarz-grüne Koalition im hochverschuldeten Schleswig-Holstein will trotz des notwendigen Sparkurses einen Teil der Bahninfrastruktur im Land übernehmen. Laut einem Landtagsantrag der Fraktionen von CDU und Grünen geht es um Trassen, auf denen lediglich Regionalverkehr rollt. Hintergrund der Überlegungen im Koalitionslager sind Pläne zur Erhöhung der Trassenentgelte an die Bahn. Sie betragen nach Angaben des Verkehrsministeriums derzeit bereits rund 150 Millionen Euro pro Jahr. Zuvor hatten die „Kieler Nachrichten“ berichtet.
Schwarz-Grün begründet den angesichts leerer Kassen des Landes überraschenden Vorstoß damit, dass Schleswig-Holstein „das schlechteste Schienennetz in Deutschland hat und die Qualität der bundeseigenen Schieneninfrastruktur trotz der deutlichen Steigerung von Sanierungen besorgniserregend gesunken ist“. Konkret geht es beispielsweise um die wichtige Strecke zwischen Kiel und Lübeck.
Staatssekretär: Von Trassenentgelt kommt zu wenig an
Die Trassenentgelte investiert die Bahn bundesweit in das Schienennetz. „In Schleswig-Holstein kommt von dem Geld zu wenig an“, klagte Verkehrsstaatssekretär Tobias von der Heide (CDU) in dem Blatt. Die Bahn konzentriere sich bei Investitionen vor allem auf Hochleistungskorridore und Strecken mit viel Verkehr. „Wir haben im Norden deswegen dauerhaft eine ungute Situation.“
Von der Heide verwies auf gute Erfahrungen im Fall des Eisenbahnunternehmens AKN, das jeweils zur Hälfte den Bundesländern Hamburg und Schleswig-Holstein gehört. Sie betreibt die von vielen Pendlern genutzte Bahnstrecke zwischen Hamburg-Eidelstedt und Kaltenkirchen (Kreis Segeberg). „Die AKN kann das Geld oft effizienter beim Bau einsetzen als die Deutsche Bahn“, sagte von der Heide.
Waldeck erhofft sich Anreize
Die Grünen-Abgeordnete Nelly Waldeck erklärte auf Anfrage, „wir wollen, dass Schleswig-Holstein endlich selbst Verantwortung für Bahninfrastruktur übernehmen darf. Damit können die Gebühren statt an die DB direkt in die Infrastruktur investiert werden, wir können selbst priorisieren und Infrastrukturarbeiten in der Regel günstiger und schneller erledigen als die Deutsche Bahn“. Bisher habe das Land wenig Handhabe, etwas an der Infrastruktur zu verändern.
Zudem schaffe dies einen Anreiz, mehr Verkehre bei den Bahnunternehmen zu bestellen, sagte Waldeck. „Die Trassengebühren müssen aktuell pro Kilometer gezahlt werden, die Investitionen bleiben aber gleich. Wenn die Infrastruktur dem Land gehört, wären zusätzliche Verkehrsbestellungen deutlich günstiger.“
In ihrem Antrag fordern die Koalitionsfraktionen die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene sowie gegenüber der Deutschen Bahn für die Übertragung des Besitzes eines Teils der Bahninfrastruktur auf die Bundesländer einzusetzen. Zudem soll sie sich mit anderen Bundesländern koordinieren und eine gemeinsame Initiative starten. „Höhere Trasseneinnahmen eines Schienennetzes müssen auch direkt für Investitionen in das jeweilige Schienennetz fließen, anstatt intransparent bundesweit verteilt zu werden.“
Verkehre werden abbestellt
Unterdessen stehen bereits zum Fahrplanwechsel im Dezember angekündigte Abbestellungen im Bahnverkehr fest. Dadurch sollen früheren Ministeriumsangaben zufolge 4,6 Millionen Euro eingespart werden. „Die Abbestellungen – auch wenn es nur Randzeiten und weniger als 1,5 Prozent aller Verbindungen im Land betrifft – bleiben schmerzhaft und sind sicher nicht das Signal, dass wir senden wollen“, kündigte Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) Ende August an. Fehlende Mittel vom Bund sowie eine angestrebte Erhöhung der Trassenpreise hätten dem Land keine Wahl gelassen.