Die Wahl der Landtagsspitze in Thüringen wird mit Spannung erwartet. Nun stehen zumindest alle Kandidaten fest. Auch bei der schwierigen Regierungsbildung ist ein Schritt geschafft.
Die Liste der Kandidatinnen und Kandidaten für die Wahl des Landtagspräsidiums ist komplett: Als letzte Fraktion nennt die Linke ihre Kandidatin für den Vize-Präsidentenposten – Lena Saniye Güngör soll für das Amt antreten. Die Wahlen sind für Donnerstag geplant und werden mit Spannung erwartet. Bei der Landtagswahl war die AfD erstmals in einem Bundesland stärkste Kraft geworden, damit hat sie in Thüringen das Vorschlagsrecht für den Posten des Landtagspräsidenten.
Die AfD-Fraktion mit ihrem Vorsitzenden Björn Höcke will die aus Nordrhein-Westfalen stammende Wiebke Muhsal ins Rennen schicken. Die 38-Jährige wurde vor Jahren wegen Betrugs zu einer Geldstrafe verurteilt. Gerichte sahen es als erwiesen an, dass sie einen Arbeitsvertrag mit einer Mitarbeiterin im Jahr 2014 um zwei Monate vordatierte, um zusätzliches Geld von der Landtagsverwaltung zu erhalten. Die AfD zeige mit dieser Kandidatur, was sie von dem Amt halte, sagte Linke-Fraktionschef Christian Schaft. Auch die anderen Fraktionen hatten signalisiert, keinen AfD-Vertreter als Landtagspräsidenten wählen zu wollen.
Thadäus König soll Landtagspräsident werden
Stattdessen rechnet sich die CDU als zweitstärkste Fraktion Chancen auf den Posten aus und hat den Eichsfelder Abgeordneten Thadäus König als Kandidaten nominiert. Zur Wahl der Vize-Landtagspräsidenten hat die SPD Cornelia Klisch nominiert, das BSW den früheren MDR-Moderator Steffen Quasebarth.
Linke-Fraktionschef Christian Schaft bekräftigte, dass die Linke-Fraktion AfD-Kandidaten weder für das Amt des Landtagspräsidenten noch für den Posten des Vize-Landtagspräsidenten wählen wird. Den Kandidaten der CDU für das Amt des Landtagspräsidenten nannte Schaft einen „respektablen Vorschlag“. Er habe König in der vergangenen Legislatur im Bildungsausschuss kennengelernt. Man werde sich am Mittwoch in der Fraktion über den Vorschlag verständigen, kündigte Schaft an.
AfD-Mann führt durch die Sitzung
Der voraussichtliche Alterspräsident Jürgen Treutler (AfD) rechnet mit einem holprigen Ablauf der ersten Landtagssitzung. „Ich denke, dass es einige Unterbrechungen geben wird“, sagte Treutler der Deutschen Presse-Agentur. Der 73-Jährige hatte am Montag nach eigenen Angaben ein Gespräch mit der Landtagsverwaltung, in dem der Ablauf der konstituierenden Sitzung in verschiedenen Varianten durchgespielt worden sei. „Das war ein sehr positives Gespräch, das ging über zwei Stunden“, sagte er.
Die erste Sitzung des Parlaments nach der Landtagswahl vom 1. September gilt in Thüringen als äußerst heikel. Um zu verhindern, dass Treutler ausschließlich AfD-Kandidaten zur Wahl zulässt, wollen CDU und BSW die Geschäftsordnung ändern, damit von Anfang an auch die anderen Fraktionen Vorschläge machen können. Der Antrag steht auf der Tagesordnung demnach noch vor der Landtagspräsidentenwahl.
Treutler deutete an, dass schon bei der Abstimmung über die Tagesordnung entscheidend sei, „welche Einwände da kommen“. „Es ist natürlich sehr ungewöhnlich, dass man plötzlich die Tagesordnung ändern will, um einen Wahlsieger durch die Verlierer auszuschließen“, sagte Treutler und fügte hinzu: „Das ist sehr ungewöhnlich und wird uns als AfD bei weiteren Wahlen sehr helfen.“
Der parlamentarische Geschäftsführer der Thüringer CDU-Fraktion, Andreas Bühl, machte klar, dass man sich auf einen Gang zum Verfassungsgerichtshof vorbereitet. „Wir werden am Donnerstag auf alle Szenarien vorbereitet sein und sind auch in der Lage, sehr schnell an den Verfassungsgerichtshof heranzutreten, wenn das nötig werden sollte“, sagte Bühl der Deutschen Presse-Agentur. Dafür sollen auch Schriftsätze vorbereitet werden.
Weg frei für Sondierungen
Unterdessen haben Parteigremien von CDU, BSW und SPD den Weg für Sondierungsgespräche freigemacht. Die jeweiligen Landesvorstände der Parteien gaben am Montag grünes Licht. Thüringens SPD-Chef Georg Maier betonte, dass es für eine Brombeer-Koalition aus CDU, BSW und SPD auch eine Verständigung mit den Linken bräuchte. „Klar ist jedoch: Wir beteiligen uns an keiner Koalition, die wechselnde Mehrheiten mit der AfD in Kauf nimmt“, erklärte er in einer Mitteilung nach der Landesvorstandssitzung. Deshalb brauche es ein parlamentarisches Format der Abstimmung mit der Linken.