Justiz: Koalition will Gerichtsstrukturen straffen

Bislang gibt es im Norden neun Arbeits- und Sozialgerichte. Das soll sich ändern. Justizministerin von der Decken hat trotz Sparkurs aber auch eine gute Nachricht für die Staatsanwaltschaften.

Im Zuge ihres Sparkurses will die Landesregierung auch die Gerichtsstrukturen im Land reformieren. „Es besteht bei den Gerichtsgebäuden ein erheblicher Sanierungsstau, während es gleichzeitig immer schwieriger wird, die teilweise sehr kleinen Organisationseinheiten personell aufrechtzuerhalten“, sagte Justizministerin Kerstin von der Decken (CDU).

Die vier Sozialgerichte in Itzehoe, Kiel, Lübeck und Schleswig sowie die fünf Arbeitsgerichte in Elmshorn, Flensburg, Kiel, Lübeck und Neumünster will Schwarz-Grün konzentrieren. Vorbild sollen die beiden Verwaltungsgerichte in Schleswig sein. Künftig soll es demnach auch je ein Arbeits- und ein Sozialgericht erster Instanz und jeweils eine zweite Instanz geben, mit gemeinsamer Verwaltung an einem Standort.

Vier statt neun

Die künftig vier Gerichte im Bereich Arbeits- und Sozialrecht sollen in einem Fachgerichtszentrum untergebracht werden. Zudem ist dort mindestens ein Verhandlungssaal für große Verfahren geplant. Wo dieses zweite Fachgerichtszentrum neben Schleswig entsteht, ist derzeit noch offen. Die Regierung plant dazu ein Anhörungsverfahren. Außerdem soll das bislang in Kiel ansässige Finanzgericht in die frei werdenden Räume des Sozialgerichts in Schleswig umziehen.

Parallel kündigte von der Decken an, dass Gerichte und Staatsanwaltschaften 25 neue Planstellen erhalten. „Das setzt angesichts der Haushaltslage aber voraus, dass wir an anderer Stelle die Strukturen unserer Gerichtslandschaft verschlanken und sie für die Zukunft effizienter aufstellen“, sagte die Ministerin. Auch die Struktur der Amtsgerichte steht auf dem Prüfstand. Pro Kreis soll es künftig eines geben.

Kritik der Richter

Der Richterverband warf der Koalition Gutsherrenart vor. „Diese Vorgehensweise lässt uns völlig fassungslos zurück“ erklärte die Vorsitzende Christine Schmehl. „Mehrere Hundert Beschäftigte von insgesamt zehn betroffenen Fachgerichten unangekündigt und ohne jeden Dialog quer durchs ganze Land versetzen zu wollen, haben wir bislang in Schleswig-Holstein für unvorstellbar gehalten.“

Den Bürgerinnen und Bürgern ihren ortsnahen Zugang zu den wichtigen Sozial- und Arbeitsgerichten zu nehmen, sei ein Handstreich, erklärte Schmehl. „Wie kann man über die Köpfe aller Betroffenen hinweg einfach so am grünen Tisch derart weitreichende Veränderungen beschließen? Diese Kommunikationsweise erschüttert das Vertrauen aller Justizbeschäftigten nachhaltig und entspricht nicht dem 21. Jahrhundert, sondern der Kaiserzeit.“

Zudem kritisierte Schmehl, dass die geplanten Standorte für die aktuell neun Arbeits- und Sozialgerichte nicht offengelegt werde. „Ein derart aufwendiger Umzug ist binnen so kurzer Zeit aber nur denkbar, wenn bereits jetzt absehbar ist, wohin die Reise geht. Auch darüber schweigen sich die Verantwortlichen lieber aus, ebenso wie über die Wirtschaftlichkeit ihres gesamten Vorhabens.“