Geschlechtsbedingte Gehaltsdiskriminierung ist verboten – doch immer wieder landet das Thema vor Gericht. Das Landesarbeitsgericht hat in einem Fall geurteilt. Das letzte Wort ist nicht gesprochen.
Das Landesarbeitsgericht Stuttgart hat in einem Streit um Geschlechtsdiskriminierung bei der Bezahlung ein Urteil getroffen – doch der Fall könnte bald auch das Bundesarbeitsgericht beschäftigen. Die Klage einer weiblichen Führungskraft bei Daimler Truck hatte in zweiter Instanz nur teilweise Erfolg, wie das Landesarbeitsgericht mitteilte. Nach Angaben der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die die Klägerin vor Gericht unterstützt, will die Angestellte nun Revision einlegen. Das Arbeitsgericht hatte der Klage in erster Instanz noch in weiterem Umfang stattgegeben.
Geschlechtsbedingte Benachteiligung?
Die Angestellte der dritten Führungsebene hatte vor Gericht die gleiche Vergütung gefordert wie die eines männlichen Kollegen derselben Ebene. Nach Gerichtsangaben liegt sein Gehalt oberhalb des Medians der männlichen Vergleichsgruppe. Das Gehalt der Klägerin liege währenddessen unterhalb der weiblichen Vergleichsgruppe. Die Kammer argumentierte, dass es daher keine ausreichenden Gründe dafür gebe, dass die volle Differenz zwischen dem Gehalt der Klägerin und dem genannten Kollegen auf einer geschlechtsbedingten Benachteiligung beruhe.
Die Frau habe daher keinen Anspruch auf Anpassung „nach ganz oben“, sondern lediglich in Höhe der Differenz zwischen den Mediangehältern der männlichen und weiblichen Vergleichsgruppe, so das Gericht. Der Angestellten seien daher 130.000 der von ihr geforderten 420.000 Euro für fünf Jahre zugesprochen worden. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zu Deutschlands höchsten Arbeitsrichterinnen und -richtern wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen.
GFF: Urteil wirft BAG-Rechtssprechung „über den Haufen“
Die GFF setzt nun auf Deutschland höchste Arbeitsrichterinnen und -richter. Die Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts sei klar. Demnach werde eine Entgeltdiskriminierung vermutet, wenn das Gehalt vom Median der männlichen Vergleichsgruppe oder von dem Gehalt eines konkreten Kollegen abweicht. „Dann muss der Arbeitgeber beweisen, dass es dafür objektive Gründe gibt, die mit dem Geschlecht nichts zu tun haben. Der Richter des Landesarbeitsgerichts wirft diese höchstrichterliche Rechtssprechung völlig über den Haufen“, erklärte der Verein.
Zum Urteil des Landesarbeitsgerichts hieß es von Daimler Truck, dass es im Unternehmen keine strukturelle geschlechtsspezifische Benachteiligung von tariflichen sowie außertariflichen Beschäftigen gebe. Auch das Unternehmen wolle das Urteil prüfen und eine Revision „als rechtliche Option bewerten“.