„Mir ist es wichtig, mich mit Menschen zu verbinden“, verrät Matze Hielscher. Neben seinem Podcast engagiert er sich für soziale Themen.
Matze Hielscher (45) ist einer der erfolgreichsten Podcaster Deutschlands. Seit 2016 führt er durch den beliebten Interview-Podcast „Hotel Matze“ und plaudert mit Stars wie Matthias Schweighöfer oder Giovanni Zarrella oder auch Politikern wie Robert Habeck über ihr Leben. Sein absoluter Traumgast wäre unter anderem Ex-Kanzlerin Angela Merkel, wie er bei einem Besuch eines inklusiven Theaters verrät.
„Wäre ich nicht in der Medienwelt gelandet, wäre meine berufliche Ausrichtung bestimmt im sozialen Bereich der Inklusion gewesen“, ist sich Hielscher sicher. Der 45-Jährige hat seinen Zivildienst in der Carl-von-Linné-Schule für Körper und Lernbehinderte in Berlin absolviert. Wie er sich abseits des Medienrummels engagiert und welche Pläne er für seinen Erfolgspodcast noch hat, erklärt er im Interview.
Sie haben das von der Aktion Mensch geförderte Berliner Theater Thikwa besucht und sich dort über das gemeinsame kreative Arbeiten von Menschen mit und ohne Behinderung informiert. Welche Eindrücke haben Sie mitgenommen?
Matze Hielscher: Ich habe den Eindruck bekommen, dass alle Beteiligten – gerade im künstlerischen Bereich – voneinander profitieren. Ein Schauspieler erzählte mir, wie er durch die Arbeit seinen Horizont erweitern konnte. Ich erlebte vor allem beim Thikwa-Ensemble einen so hohen Grad an Ausdruckslust und künstlerischer Freiheit, die beeindruckend sind.
Warum ist Ihnen das Thema Inklusion wichtig? Haben Sie einen persönlichen Bezug dazu?
Hielscher: Mir ist es generell wichtig, mich mit Menschen zu verbinden. In Offenheit entsteht Neues, daran bin ich interessiert. Offenheit entsteht nur in Inklusion. Meinen Zivildienst habe ich in der Carl-von-Linné-Schule für Körper- und Lernbehinderte absolviert – das waren unfassbar tolle Monate. Wäre ich nicht in der Medienwelt gelandet, wäre meine berufliche Ausrichtung bestimmt im sozialen Bereich der Inklusion gewesen.
Sehen Sie es für sich als Verpflichtung an, sich als Prominenter für wichtige gesellschaftliche Themen zu engagieren?
Hielscher: Sagen wir es so: Ich sehe es als generelle Verpflichtung, sich als Mensch, unabhängig vom Status, zu engagieren. Aber jeder Mensch hat andere Kapazitäten, Kräfte und Ressourcen.
Viele Menschen haben oft Angst, etwas falsch zu machen, wenn sie Menschen mit Behinderung treffen. Geht es Ihnen auch so?
Hielscher: Nein, gar nicht. In jeder zwischenmenschlichen Begegnung kann es zu Missverständnissen kommen. Ich finde das aber gar nicht schlimm, weil man sich das ja sagen kann und man dann daraus lernen kann.
Die aktuelle Kampagne der Aktion Mensch heißt #VielVor: Wo sehen Sie Handlungsbedarf, damit Menschen mit Behinderung überall dabei sein und ihre Ziele verwirklichen können?
Hielscher: Was mir immer wieder auffällt, ist, wie separiert Menschen mit Behinderung immer noch leben. Ich wohne in der größten deutschen Stadt und sehe kaum Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen. Ich wünsche mir eine viel größere Vermischung.
In Ihrem Podcast „Hotel Matze“ geht es um wichtige Themen wie Glück, Liebe und Erfolg, aber auch Depressionen, Angst und Misserfolg. Gibt es auch Themen, die Sie bewusst vermeiden?
Hielscher: Ich versuche immer, dass man miteinander redet, statt übereinander. Ich möchte in meinem Podcast keine Lästereien, keinen Gossip.
Sie haben in Ihrem Podcast schon unzählige sehr prominente Stars, Politiker und Autoren interviewt. Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Gäste aus?
Hielscher: Erst einmal muss ich die Person spannend finden. Das ist das Wichtigste. Da meine Gespräche meistens zwei Stunden dauern, achten wir als Team auch darauf, dass meine Gäste diese zwei Stunden auch füllen können. Man unterschätzt manchmal, wie sich öffentliches und privates Reden unterscheiden.
Wer fehlt Ihnen noch, wer wäre Ihr absoluter Traumgast?
Hielscher: Angela Merkel, Anselm Kiefer und Werner Herzog.
Ihr Podcast Hotel Matze ist einer der erfolgreichsten in Deutschland. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Hielscher: Ich glaube, ein essenzieller Punkt ist, dass ich meine Fragen stelle, also das, was mich persönlich interessiert. Wir achten sehr auf Details, die man leicht übersieht. Die meisten Absprachen mache ich selbst, bestenfalls direkt mit dem Gast. Wir wollen, dass sich die Gäste sehr wohlfühlen – wie in einem Hotel eben. Im Studio sieht es deswegen auch nicht wie in einem Studio aus. Manche fragen auch, ob ich hier wohne.
Welches Gespräch hat Sie am meisten berührt?
Hielscher: Da gibt es nicht das eine Gespräch. Das Letzte, was mich sehr berührt hat, war das Gespräch mit Giovanni Zarrella. Wir sprachen über die Höhen und Tiefen seiner Karriere. Am Ende ging es um Ängste und er erzählte mir, dass sich seine Mama, eine Italienerin, die seit 60 Jahren in Deutschland lebt, extrem Sorgen um ihre Zukunft in diesem Land macht, weil sie die politischen Entwicklungen so beunruhigen. Giovanni kamen die Tränen und mir auch.
Glauben Sie, dass Ihr Podcast einen Einfluss auf die Art und Weise hat, wie Menschen über bestimmte Themen denken?
Hielscher: Eine immer wiederkehrende Erfahrung ist die, dass Menschen dachten, dass eine bestimmte öffentliche Person so und so ist und dass sie durch das Gespräch ein ganz neues Bild haben. Ich höre oft: „Ich dachte, XY ist ein total arroganter Mensch, durch das Gespräch habe ich gemerkt, wie sympathisch und verletzlich er oder sie ist.“ Ich nehme mir das zwar nicht aktiv vor, aber ich freue mich, wenn Vorurteile – auch meine eigenen – verfliegen.
Welchen Podcast hören Sie selbst besonders gerne?
Hielscher: Ich mag Politik mit Anne Will, Lanz & Precht und den Podcast meiner Frau Stephanie „50 über 50.“
Sie waren schon Musiker, DJ, sind Medienunternehmer und Autor – haben Sie neue Pläne oder Projekte? Welche Träume würden Sie gerne umsetzen?
Hielscher: Ich habe, wie die vielen Berufsbezeichnungen zeigen, immer wieder Neues gemacht. Ich lerne gerade bei einer Sache, meinem Podcast, zu bleiben und träume davon, nicht nach dem Nächsten zu streben, sondern hier zu bleiben.