Lastenräder in Braunschweig, Freikarten für Jugendliche in Bremen, ein gescheitertes Wasserstoffprojekt in Hannover: Der Bund der Steuerzahler kritisiert millionenschwere Verschwendung.
Müssen Bauverzögerungen in Bremerhaven und Osnabrück zu millionenschweren Mehrkosten führen? Braucht es in Braunschweig eine Lastenradförderung? Benötigen Kinder und Jugendliche in Bremen nach Ende der Corona-Pandemie weiter eine FreiKarte für Freizeitaktivitäten? Der Bund der Steuerzahler (BdSt) sagt: Nein. In seinem aktuellen Schwarzbuch kritisiert er neun Projekte in Niedersachsen und Bremen, bei denen aus Sicht des Vereins Steuergeld verschwendet wurde oder wird.
Zu den kritisierten Projekten gehört unter anderem eine Wasserstofffabrik in Hannover, die nie gebaut wurde – den Steuerzahler nach dem vorzeitigen Projektstopp im Februar aber zehn Millionen Euro für vertragliche Verpflichtungen koste. Oder ein Darlehen an die inzwischen insolvente Trägergesellschaft der Landesgartenschau 2023 in Gandersheim (Landkreis Northeim), die die Stadtkasse mit bis zu 700.000 Euro belasten könnte.
Verwaltungskosten fast so hoch wie Fördersumme
Auf Missfallen stößt bei dem Verein auch die Förderung von Lastenrädern in Braunschweig, bei der die Verwaltungskosten fast ebenso hoch seien wie die eigentliche Förderung von insgesamt 50.000 Euro. „Ein grobes Missverhältnis“, befindet der BdSt. Und Bremen leiste sich mit der FreiKarte für Kinder und Jugendliche eine teure Dauer-Subvention von Freizeitaktivitäten, die in den Jahren 2022 bis 2025 mit 34,4 Millionen Euro zu Buche schlage. „Eine Summe, die das chronisch klamme Bremen natürlich nicht aus eigenen Mitteln aufbringen kann und daher über Schulden finanzieren muss“, wie der BdSt kritisiert. Denn auch Bremen könne jeden Euro nur einmal ausgeben.
„Mit Blick auf die vor uns liegenden Herausforderungen und das Ausbleiben einer ernstzunehmenden steuerlichen Entlastung von Bürgern und Wirtschaft muss man sich schon wundern, wofür der Staat an mancher Stelle das Geld geradezu raushaut“, sagt BdSt-Vorstand Jan Vermöhlen. Dabei bedürfe es doch gerade in Zeiten knapper Kassen eines besonders von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit geprägten Umgangs mit Steuergeldern.
Städte weisen Kritik zurück
Der Bremer Senat wies die Kritik an seiner FreiKarte zurück. „Das ist leider typisch für den Bund der Steuerzahler„, sagte Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD). „Ganz normalen Familien gönnt er nicht das Schwarze unter den Fingernägeln.“ Für ihn sei die FreiKarte ein Erfolgsmodell. Auch die Stadt Braunschweig trat der Kritik an der teuren Lastenradförderung entgegen. „Der Vorwurf geht von falschen Annahmen aus“, erklärte ein Sprecher auf Anfrage. „Denn: Der administrative Aufwand für ein solches Förderprogramm ist unabhängig von der Fördersumme.“
In Hannover hieß es mit Blick auf das kritisierte Wasserstoff-Projekt: Das Vorhaben sei unter großem Zeitdruck entwickelt worden. „Dadurch wurden bei Projektstart Anfang 2022 die Risiken nicht klar genug herausgestellt und die Kosten deutlich zu niedrig eingeschätzt“, erklärte ein Sprecher. Die Stadt habe daraus Konsequenzen gezogen und betriebsinterne Kontrollen verschärft. „Weiterhin wird die Landeshauptstadt Hannover zukünftig noch genauer abwägen, ob die Konditionen bei Förderprojekten realistisch erfüllbar sind.“
Bauverzögerung treibt Kosten in die Höhe
Teuer zu stehen kämen den Steuerzahler zudem Bauverzögerungen beim jüngst eröffneten Hafentunnel in Bremerhaven, der sich in der Zwischenzeit um mehr als 80 Millionen Euro verteuert habe. Und beim geplanten Lückenschluss zwischen den Autobahnen 1 und 33 bei Osnabrück seien die Kosten schon vor dem Baustart um mehr als 120 Millionen Euro in die Höhe geschossen, weil das Planfeststellungsverfahren seit Jahren in einer Genehmigungsschleife feststecke.
Teure Planungsfehler rügt der Steuerzahlerbund auch bei Umgestaltung des Straßenbahnknotens an der Bremer Domsheide. Obwohl bereit 2019 zwei konkrete Varianten vorgelegen hätten, habe das Land noch eine dritte untersuchen lassen – und dann als unbezahlbar verworfen. Das Projekt habe sich dadurch um Jahre verzögert. Die Mehrkosten für die vermeidbare Doppelarbeit beziffert der BdSt auf rund drei Millionen Euro.
Schwarze Kassen bei der Kfz-Zulassung
Scharfe Kritik äußerte der Steuerzahlerbund auch am Vorgehen des Landkreises Holzminden im Streit um Schwarze Kassen bei seiner Kfz-Zulassungsstelle. Jahrzehntelang sollen die Mitarbeiter Einnahmen aus dem Verkauf von Altkennzeichen in der Kaffeekasse gesammelt haben. Der Kreis hatte daraufhin fast allen Mitarbeitern der Zulassungsstelle gekündigt, musste nach Klagen aber Abfindungen zahlen. Gesamtkosten der Affäre: rund 600.000 Euro.
Im Schwarzbuch listet der Verein jährlich Fälle auf, in denen seiner Auffassung nach öffentliche Mittel verschwendet wurden. Ziel des Verbandes ist nach eigenen Angaben, Steuern und Abgaben zu senken und die Verschwendung von Steuereinnahmen zu stoppen.