Desinfektionsmittel sollen Viren und Bakterien töten. Beworben werden solche Produkte aber oft mit deutlich positiven Begriffen. Doch das hat Grenzen.
Desinfektionsmittel dürfen nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) nicht als „hautfreundlich“ beworben werden. Diese Angabe hebe eine positive Eigenschaft hervor, wodurch Risiken verharmlost werden könnten, erklärte der erste Zivilsenat in Karlsruhe. Die Verwendung des Begriffs in diesem Kontext sei deswegen unzulässig, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Koch. (Az. I ZR 108/22)
Auch „ökologisch“ und „bio“ verboten
Damit gab der BGH der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs recht, die einen Unterlassungsanspruch gegen die Drogeriemarktkette dm geltend machen wollte. Der Karlsruher Konzern hatte in Corona-Zeiten ein Desinfektionsmittel verkauft, auf dessen Etikett sich laut BGH die Angaben „Ökologisches Universal-Breitband Desinfektionsmittel“ sowie „Hautfreundlich – Bio – ohne Alkohol“ befanden. Mit Blick auf die Biozidverordnung seien derart positive Bezeichnungen wettbewerbswidrig, argumentierte die Klägerin.
Das Karlsruher Landgericht hatte es dm untersagt, mit Begriffen wie „ökologisch“, „bio“ und „hautfreundlich“ zu werben. Hinsichtlich der Angabe „hautfreundlich“ kassierte das Oberlandesgericht Karlsruhe die Entscheidung. Daher landete der Fall beim BGH, der mit seiner Entscheidung nun das ursprüngliche Urteil des Landgerichts wiederherstellte.
Der dm-Geschäftsführer für Marketing und Beschaffung, Sebastian Bayer, erklärte, die höchstrichterliche Klärung sorge für Rechtssicherheit für den ganzen Markt. Denn es sei unklar gewesen, in welchem Rechtsrahmen sich Hersteller und Handelsunternehmen bei der Werbung für Desinfektionsmittel bewegen können.
„Handdesinfektionsmittel waren bis zur Covid-19-Pandemie ein Nischensortiment. Aufgrund der hohen Kundennachfrage während der Pandemie haben viele Hersteller entsprechende Produkte auf den Markt gebracht“, sagte Bayer. „Damit einher gingen auch neue Konzepte und Wirkversprechen sowie Auslobungen wie „hautfreundlich“.“ Dabei sei es dm um einen Mehrwert gegangen, etwa um zwischen unterschiedlichen Mittel unterscheiden zu können.
EuGH-Entscheidung ausschlaggebend
Der BGH hatte sich zuvor an den Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gewandt, wie die Biozidverordnung auszulegen sei. Dieser verbot solche Werbung als irreführend. Biozidprodukte dürften nicht in einer Art und Weise beworben werden, die mit Blick auf die Risiken dieser Produkte für Gesundheit oder Umwelt beziehungsweise hinsichtlich ihrer Wirksamkeit irreführend ist.
In Bezug auf die Angabe „hautfreundlich“ stellte der EuGH fest, dass eine solche Angabe auf den ersten Blick eine positive Konnotation hat und keine Risiken erwähne. Das sei geeignet, schädliche Nebenwirkungen zu relativieren und anzudeuten, „dass dieses Produkt für die Haut sogar von Nutzen sein könnte“.