Gegen Konjunkturschwäche: Lindner fordert bald gemeinsamen „Ampel“-Kurs

Nach seinem Treffen mit Wirtschaftsverbänden hat FDP-Chef Christian Lindner baldige Entscheidungen der Ampel-Koalition gegen die Wirtschaftsschwäche gefordert. Zur Aufstellung des Bundeshaushalts 2025 in den kommenden Wochen müsse die Koalition „zu einer gemeinsamen Position“ kommen, sagte Lindner am Dienstag. Die Opposition kritisierte einen fehlenden gemeinsamen Kurs der Regierung und verwies auf ein separat angesetztes Treffen mit Industrievertretern am Nachmittag im Kanzleramt, zu dem Lindner nicht eingeladen war.

„Die wirtschaftspolitische Diskussion ist jetzt da, wo sie hingehört: nämlich ganz oben auf der Tagesordnung“, sagte Lindner. Ihm sei es wichtig gewesen, dabei auch mit Vertretern von Mittelstand, Handwerk, Freiberuflern und Startups zu sprechen. Die deutsche Wirtschaft insgesamt leide unter sehr grundlegenden Problemen, dazu gehörten insbesondere zu viel Regulierung und Bürokratie.

Die Ampel-Parteien streiten seit Wochen über die richtigen Rezepte gegen die Konjunkturkrise. Lindners FDP blockt dabei regelmäßig Forderungen von SPD und Grünen nach staatlicher Subventionierung ab und pocht auf die Einhaltung der Schuldenbremse. Der festgefahrene Konflikt befördert Spekulationen über einen möglichen Bruch der Ampel-Koalition.

Lindner machte am Dienstag aber deutlich, dass er auf eine Einigung mit SPD und Grünen setze. Es gebe „so etwas wie eine Regierungsverpflichtung“, sagte er auf die Frage, warum er die Koalition nicht verlasse. „Für Deutschland ist es allemal besser, wenn eine Regierung eine gemeinsame Richtung findet, sie beschreibt und umsetzt.“

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sprach von einem „guten Austausch“ mit den FDP-Vertretern. Die Frage der Wettbewerbsfähigkeit müsse wieder zentrales Thema der Regierungspolitik werden, forderte Dulger. „Wir müssen jetzt nach dem politischen Schaulauf ins Handeln kommen. Es muss geliefert werden.“

„Die Situation ist ernst“, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Freien Berufe, Stephan Hofmeister, bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Lindner. Die Unternehmen wollten „von der Kette gelassen werden“, dazu sei vor allem eine schnelle Entbürokratisierung nötig. Reinhold von Eben-Worlée als Vertreter des Verbands der Familienunternehmer kritisierte „extrem hohe Steuern, extrem hohe Sozialabgaben“ als Belastung für die Unternehmen.

Die Union wertete die am selben Tag abgehaltenen Wirtschaftstreffen von Kanzleramt und FDP als Zeichen der Handlungsunfähigkeit der Ampel-Regierung. Das sehe „ein bisschen nach Ego-Show aus“, sagte die wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Julia Klöckner (CDU), den Sendern RTL und ntv. Die Wirtschaft sei „maximal irritiert, keiner weiß, wo es hingeht.“

„Zwei Gipfel, aber null Ergebnisse: Die Streit-Ampel ist vollkommen am Ende und lässt das Land im Stich“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt den Zeitungen der Mediengruppe Bayern (Mittwochausgabe). Deutschland brauche einen „einen harten Kurswechsel“ mit geringeren Unternehmenssteuern, wettbewerbsfähigen Energiepreisen und weniger Bürokratie. Zudem müsse „das Bürgergeld rückabgewickelt“ werden.

BSW-Generalsekretär Christian Leye begrüßte, dass Kanzler Olaf Scholz (SPD) „den Erhalt von Industrie und ihrer Arbeitsplätze zur Chefsache“ mache. „Der im Vorhinein ausgebrochene Streit darüber, wer die bessere Party schmeißt – der Kanzler oder die FDP – ist jedoch albern und der Sache unwürdig.“

Wie schwierig die Lage der Wirtschaft ist, zeigte eine am Dienstag veröffentichte Unternehmensbefragung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Demnach bewerten 25 Prozent der Unternehmen ihre Geschäftslage mittlerweile als schlecht, in der Industrie sind es sogar 35 Prozent.

„Wir haben es nicht nur mit einer konjunkturellen, sondern einer hartnäckigen strukturellen Krise am Standort Deutschland zu tun“, bilanzierte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. Seinem Verband zufolge droht der deutschen Wirtschaft nach zwei Rezessionsjahren anders als von der Bundesregierung erwartet auch im kommenden Jahr ein „Null-Wachstum“.