Nach einem Machtstreit zwischen Sahra Wagenknecht und der Thüringer BSW-Chefin Katja Wolf wird in Thüringen nun über eine neue Regierung verhandelt. CDU, BSW und SPD stehen vor schwierigen Gesprächen.
In Thüringen laufen bundesweit erstmals Verhandlungen über die Bildung einer sogenannten Brombeer-Koalition an. CDU, BSW und SPD loten dazu ab Montag in verschiedenen Arbeitsgruppen die Möglichkeiten für eine gemeinsame Regierung aus. Nach den innerparteilichen Querelen zwischen dem Thüringer BSW und der BSW-Spitze um Sahra Wagenknecht zeichnen sich im Freistaat harte Koalitionsgespräche ab – mit ungewissem Ausgang.
BSW-Landeschefin Katja Wolf war nach einem mühsam errungenen Sondierungskompromiss mit CDU und SPD zu friedenspolitischen Fragen in den eigenen Reihen stark unter Druck geraten. Nach einem BSW-Mitgliedertreffen in Erfurt kündigte Wolf an, in den Koalitionsverhandlungen die Positionen zu Krieg und Frieden „weiter schärfen“ zu wollen.
Friedensfrage bleibt ein heißes Eisen
Das Thema solle in einem Koalitionspapier selbst „sehr klar“ benannt werden, um an der Stelle dem Markenkern des Bündnisses Sahra Wagenknecht – nämlich einem Bekenntnis zu Diplomatie und Frieden – ausreichend Rechnung zu tragen, sagte Wolf. Zuvor hatten rund 60 BSW-Mitglieder mehrere Stunden lang hinter verschlossener Tür unter anderem über das umstrittene Sondierungspapier diskutiert. Wolf sagte, sie gehe nach dem Austausch mit Rückenwind von der Basis in die Koalitionsverhandlungen.
Dort gehe es nun darum, möglichst viele Inhalte des BSW-Wahlprogramms einzubringen. Zugleich stellte sie klar, dass die Diskussion über die Friedensfrage in der Präambel eines Vertrages nicht noch einmal aufgemacht werden soll: „Die Präambel ist insoweit durch.“
Zwischen Bundesvorgaben und Thüringer Realpolitik
Das Thüringer BSW hatte sich mit der CDU und SPD auf einen Formel-Kompromiss in der Präambel verständigt, in dem die Unterschiede der Parteien im Umgang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine deutlich wurden. Anders als bei einer ähnlichen Einigung in Brandenburg, wo das BSW nur mit der SPD verhandelte, sind in Thüringen nicht nur unterschiedliche Positionen der Parteien zu Waffenlieferungen an die Ukraine fixiert. Eine Kritik an etwaigen US-Raketen in Deutschland durch die möglichen Koalitionäre fehlt sogar ganz. Stattdessen heißt es, viele Bürger sähen das kritisch.
Wagenknecht selbst hatte das Thüringer Kompromisspapier als Fehler bezeichnet. Zuletzt formulierte die BSW-Spitze Bedingungen für die Regierungsbildung. Der Bundesvorstand forderte in einem Beschluss den Thüringer BSW-Landesverband auf, in den Koalitionsverhandlungen mit CDU und SPD außenpolitische, aber auch landespolitische Positionen zu konkretisieren. Gelinge dies nicht, solle man in die Opposition gehen.
BSW: Legen uns gemeinsam die Karten
Nach dem Mitgliedertreffen in Erfurt demonstrierte auch der angereiste BSW-Generalsekretär Christian Leye Einigkeit: „Klar ist für uns, dass wir als Partei zusammenstehen – auch nach dieser Diskussion.“ Es sei die einhellige Meinung, dass ein möglicher Koalitionsvertrag in außenpolitischen, aber auch in landespolitischen Fragen klarer die Handschrift des BSW tragen solle.
Wenn ein solcher Koalitionsvertrag dann vorliege, „legen wir uns gemeinsam die Karten und werden gemeinsam als Partei entscheiden, welchen Weg es geht“, sagte Leye. „Entweder man geht geschlossen in eine Regierung, das wäre gut, oder man geht geschlossen einen anderen Weg, das wäre auch gut.“
Erleichterung bei der CDU
CDU-Landeschef Mario Voigt zeigte sich erleichtert, dass den Koalitionsgesprächen nun nichts mehr im Weg steht: „Ich begrüße, dass der Weg zu einem Vertrag für eine Regierung in Thüringen frei ist.“ Das Sondierungspapier werde jetzt konkretisiert. Die Thüringer erwarteten zu Recht eine handlungsstarke Regierung, die Themen wie Unterrichtsausfall, Belastungen für Handwerk und Mittelstand oder einen Richtungswechsel in der Migrationspolitik anpackten, erklärte Voigt.
CDU, SPD und BSW kommen in Thüringen nur auf 44 von 88 Sitzen im Landtag – für eine Mehrheit fehlt ihnen also mindestens eine Stimme. Sie wäre für Mehrheiten also auf mindestens eine Stimme der Opposition angewiesen, die aus AfD und Linke besteht.