Lahnmarmor aus Villmar und Zement aus Mainz-Amöneburg: Hessische Baumaterialien stecken in zwei der weltweit bekanntesten Bauwerke in New York.
Die Präsidentschaftswahlen in den USA dominieren derzeit die Schlagzeilen. Der Ausgang wird auch in Hessen mit Spannung erwartet. Das Bundesland und die Vereinigten Staaten verbindet vieles. Nach Angaben des Statistischen Landesamts lebten im Jahr 2023 insgesamt 14.860 US-Bürgerinnen und Bürger in Hessen. Die USA nehmen weltweit einen der Spitzenplätze für den Export von Gütern aus Hessen ein. Hessen exportierte dem Wirtschaftsministerium in Wiesbaden zufolge 2023 Waren im Wert von 80,2 Milliarden Euro und importierte Güter im Wert von 112,2 Milliarden Euro.
Ein Stück Hessen steckt auch in zwei der markantesten Bauwerke New Yorks. Die Eingangshalle des berühmten Empire State Buildings ist mit Lahnmarmor aus Villmar (Landkreis Limburg-Weilburg) gestaltet worden. Im Betonsockel der Freiheitsstatue auf Liberty Island im New Yorker Hafen steckt Zement aus dem Wiesbadener Stadtteil Mainz-Amöneburg.
„Rund 9.000 Quadratmeter Lahnmarmor aus der Umgebung von Villmar sind im Empire State Building im Erdgeschoss eingebaut worden“, weiß Rudolf Conrads von der Stiftung Lahn-Marmor-Museum zu berichten. 1929/30 habe die „G. Joerissen GmbH“ aus Weilburg den Lahnmarmor der Varietäten „Estrellante“ und „Famosa Rose“ nach New York geliefert. In dicken Blöcken sei das Rohmaterial in die USA verschifft worden. „Die eigentlichen Steinmetzarbeiten wurden vor Ort ausgeführt.“
Bis 1972 das höchste Gebäude der Welt
Im Foyer des Empire State Buildings sei auch Kalkstein aus Frankreich und Belgien verbaut worden. „Aber der Lahnmarmor dominiert“, sagt Conrads. Ursprünglich habe französisches Material eingebaut werden sollen. „Dort konnte man aber mit der Produktion nicht so mithalten, wie das an der Lahn der Fall war.“ Berichten zufolge sei für den Bau des Wolkenkratzers weltweit nur das beste Material eingekauft worden. „Insofern fühlen wir uns in einem hohen Maße geehrt.“ Zur Eröffnungsfeier 1931 sei auch der damalige US-Präsident Herbert Hoover gekommen.
Im Lahn-Marmor-Museum sei die Geschichte um das bis 1972 höchste Gebäude der Welt und dessen Verbindung nach Mittelhessen ein Highlight, berichtet Conrads. „Sehr beliebt bei den Besuchern ist auch das große Transparent von der Eingangshalle des Empire State Buildings, vor dem sie sich ablichten lassen können.“
400 Jahre lang sei der Lahnmarmor abgebaut worden. „Er war sehr schön und bunt und entsprach lange jeweils dem Geschmack der Zeit“, so Conrads. „Bis sich der Geschmack in den 1970er/1980er-Jahren änderte.“ Zudem sei günstigeres vergleichbares Material aus Indien und China auf den Markt gekommen. „Und dann ist der Lahnmarmor letztlich am Geschmackswandel beziehungsweise am internationalen Wettbewerb zugrunde gegangen.“
8.000 Holzfässer Zement für den Sockel der Freiheitsstatue
Im Empire State Building lebt das Stück Lahntal weiter. Und nicht nur dort. Der Lahnmarmor, der vor etwa 380 Millionen Jahren entstand, ist laut Conrads weltweit herum gekommen. „Er findet sich unter anderem im Kapitol von Havanna in Kuba, in der Eremitage in St. Petersburg und im indischen Tagore im Palast des Maharadschas.“ Ebenso sei er in zahlreichen Domen wie in Mainz, Köln, Berlin, Trier und Würzburg und in Schlössern etwa in Wiesbaden und Weilburg verbaut worden.
Auf Zement aus Mainz-Amöneburg steht die berühmte Freiheitsstatue im Hafen von New York. 8.000 Holzfässer voll mit dem Baustoff lieferte das Unternehmen Dyckerhoff 1884 für den über 10.000 Kubikmeter Beton umfassenden Sockel der „Lady Liberty“. Dabei handelte es sich laut Unternehmenssprecherin Isabel Derstroff um reinen Portlandzement. „Dies war damals der einzige mit ausreichender Wasserfestigkeit.“ Die damit hergestellte Betonmenge sei die bis dahin größte weltweit gewesen.
„Der Transport des Zements erfolgte damals per Schiff. Die Schiffe kamen mit Gütern nach Europa und nahmen wieder andere Ladung mit zurück, sodass stets nur beladene Schiffe unterwegs waren“, berichtet Derstroff. „Ziel war es, Transporte mit leeren Schiffen zu vermeiden.“
Baustoff war Konkurrenz überlegen
Der amerikanische General Charles Pomeroy Stone, der die Bauarbeiten beaufsichtigte, habe absolutes Neuland betreten, als er 1884 für den Unterbau einen 23.500 Tonnen schweren monolithischen Betonsockel gießen ließ, erklärt Derstroff. „Dafür verwendete er den besten Zement, den er hierfür finden konnte und der sich der englischen Konkurrenz als überlegen erwiesen hatte.“ Das mit Zement von Dyckerhoff hergestellte Material sei so fest gewesen, dass man 80 Jahre später einen Tunnel zum Fuß der Statue nur mit Mühe und dem allerschwersten Gerät in das Gestein der Gründung habe brechen konnte.
Auch andere bedeutende Bauwerke in der ganzen Welt stehen laut Derstroff fest auf Dyckerhoff-Zement, etwa das Waldorf-Astoria-Hotel in New York, das Estadio Centenario in Uruguay, die Frauenkirche in Dresden oder die Kranhäuser in Köln.