Internationale Kommunikationsüberwachung von BND teils verfassungswidrig

Die internationale Kommunikationsüberwachung des Bundesnachrichtendiensts (BND) ist teilweise verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht hält die sogenannte strategische Inland-Ausland-Fernmeldeaufklärung „aufgrund des überragenden öffentlichen Interesses“ zwar für grundsätzlich mit dem Grundgesetz vereinbar, wie das Gericht in einem am Donnerstag in Karlsruhe bekanntgegebenen Beschluss entschied. Der Schutz der Privatsphäre insbesondere ausländischer Betroffener sei bislang aber unzureichend. Mit bestimmten Maßgaben bleiben die bisherigen Regelungen aber bis Ende 2026 weiter anwendbar. (Az. 1 BvR 1743/16 und 1 BvR 2539/16)

Konkret geht es um die sogenannte strategische Überwachung von internationaler Kommunikation, also zwischen Teilnehmenden im In- und Ausland, um die Gefahr von großen Cyberangriffen, etwa mit Schadprogrammen, rechtzeitig zu erkennen. Nach einem Gesetz aus dem Jahr 2015 kann der BND solche internationale Kommunikation anhand von Begriffen durchsuchen, die im Einzelfall festgelegt werden müssen.

Dagegen wandten sich die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die Menschenrechtsorganisation Amnesty International und mehrere Privatleute, insbesondere im Ausland tätige Journalistinnen und Journalisten. Sie bemängelten unter anderem, dass die Voraussetzungen für die Überwachung nicht streng genug definiert seien. Teile besserte der Gesetzgeber hier aber schon nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum bayerischen Verfassungsschutzgesetz im Jahr 2022 nach.

Das Bundesverfassungsgericht betonte nun, dass eine solche Überwachung „trotz ihres besonders hohen Eingriffsgewichts“ grundsätzlich zulässig und mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Zur Begründung verwiesen die Karlsruher Richter auf das „überragende öffentliche Interesse“ an der Aufklärung internationaler Cybergefahren, insbesondere Cyberspionage und Cybersabotage. Das Gefährdungspotenzial sei „außerordentlich hoch“.

Da sich die betroffenen nicht unmittelbar wehren könnten, sei aber eine „gerichtsähnliche Kontrolle“ durch eine kompetente hauptamtlich besetzte Stelle erforderlich. Die bisherige Kontrolle durch die ehrenamtliche sogenannte G10-Kommission sei unzureichend. Suchbegriffe, die den Kernbereich der privaten Lebensführung betreffen, seien unzulässig. Auch müsse die Dokumentation einer solchen Überwachung länger gespeichert und damit überprüfbar bleiben. Zudem müsse der Gesetzgeber näher regeln, wie mit der miterfassten Kommunikation von Deutschen umzugehen ist, die sich derzeit im Ausland befinden.

Nach dem Karlsruher Beschluss darf der BND im Interesse der öffentlichen Sicherheit die bisherigen Regelungen weitgehend weiter anwenden. Lediglich eine bessere Abgrenzung von der Inlandskommunikation und die Nichtverwendung von Suchbegriffen aus dem Kern der Privatsphäre soll der BND sofort umsetzen. Bis Ende 2026 muss der Gesetzgeber das Gesetz nachbessern.

Die GFF und Amnesty International begrüßten die Entscheidung. „Wenn Menschenrechtsorganisationen befürchten müssen, dass ihre sensible Kommunikation durch anlasslose Massenüberwachung mitgelesen wird, gefährdet das ihre Arbeit“, erklärte Lena Rohrbach von Amnesty International. Die Stärkung der vertraulichen Kommunikation setze ein wichtiges Signal, auf das die Organisationen aber sieben Jahre hätten warten müssen.

„Stück für Stück holen die von uns errungenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts die Geheimdienstarbeit auf den Boden des Grundgesetzes zurück“, erklärte Bijan Moini von der GFF. Die strategischen Klagen für einen besseren Schutz der Privatsphäre zeigten Wirkung.