In Hamburg wird im März die Bürgerschaft neu gewählt. Die Neuwahl des Bundestages nach dem Ampel-Aus könnte zu Terminüberschneidungen führen. Der Bürgermeister warnt vor einem übereilten Urnengang.
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hat nach dem Bruch der Ampelkoalition im Bund Forderungen nach schnellen Neuwahlen als verantwortungslos zurückgewiesen. Der von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aufgezeigte Weg, den Bundestag erst Ende März neu zu wählen, sei richtig, da angesichts der wirtschaftlichen und geopolitischen Lage zunächst noch dringende Entscheidungen zu treffen seien, sagte er. Unterdessen forderte die Hamburger CDU Neuwahlen so schnell wie möglich.
„Hastig und unkontrolliert (…) – genau das ist etwas, das in einer solchen Lage verantwortungslos ist“, sagte Tschentscher. Entscheidend sei, „in dieser Transformationsphase bis zu den Neuwahlen jetzt handlungsfähig zu sein“.
Scholz hatte angekündigt, die Vertrauensfrage erst im Januar stellen zu wollen, um so den Weg für Wahlen Ende März – und damit kurz nach der auf den 2. März terminierten Bürgerschaftswahl in Hamburg – freizumachen.
Hamburger CDU fordert Neuwahlen so schnell wie möglich
Mit der Entlassung von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) habe Scholz „das Ende einer jahrelang streitenden Ampelkoalition und damit das Ende dieser Wahlperiode“ markiert, sagte Hamburgs CDU-Chef Dennis Thering. „Mit seiner Ankündigung, die Vertrauensfrage erst Mitte Januar zu stellen, betreibt Scholz eine Insolvenzverschleppung mit Ansage.“ Es gebe keinen Grund, länger zu warten. „Deutschland kann sich nicht über mehrere Monate hinweg eine Regierung ohne Mehrheit im Parlament und in der Bevölkerung und einen Dauer-Wahlkampf leisten“, sagte Thering.
Hamburger Wirtschaft fordert schnell Klarheit
Auch aus der Hamburger Wirtschaft wurde der Ruf nach schnellen Neuwahlen laut. Der AGA Unternehmensverband warnte vor einem langwierigen Wahlkampf. „Ein solcher „Rosenkrieg“ könnte insbesondere die Populisten an den politischen Rändern stärken und unsere Demokratie schwächen“, hieß es.
„Bis März mit Neuwahlen zu warten, bedeutet weitere Herausforderungen für wirtschaftliches Wachstum und mögliche Investitionen“, sagte der Industrieverbands-Vorsitzende Andreas Pfannenberg. „Nach zwei Rezessionsjahren hintereinander dürfen dringend nötige Strukturreformen nicht weiter aufgeschoben werden“, warnte auch Handelskammer-Präses Norbert Aust.
Bundestags- und Bürgerschaftswahl rücken zusammen
Grundsätzlich habe er kein Problem mit einer zeitgleichen Neuwahl des Bundestages und der Bürgerschaft, sagte Tschentscher. „Trotzdem ist das nicht gut für die Demokratie in Hamburg, keinen eigenständigen Hamburg-Wahlgang führen zu können.“ Es gehe schließlich um die Zukunft der Stadt. „Es wäre gut, dies auch in einer eigenständigen Wahlentscheidung, einem eigenständigen Wahltermin zum Ausdruck zu bringen.“
Die CDU sieht sich für beide Wahlen gut aufgestellt. Als einziger Landesverband in Hamburg habe man bereits Kandidatenlisten für Bürgerschaft und Bundestag beschlossen, sagte Thering. „Als CDU kämpfen wir nun gemeinsam im Bund für einen notwendigen Neuanfang und in Hamburg für eine Alternative zum rot-grünen Weiter so.“
Tschentscher: Lindner war „personelle Schwachstelle“ der Ampel
Die Verantwortung für das Ampel-Aus wies Tschentscher Lindner zu und warf ihm eine „ganz persönliche Fehlleistung“ vor. „Hier ist ein Minister, der Finanzminister, der keine finanzpolitische Erfahrung hat – und das ist relativ früh in seiner Amtsführung deutlich geworden –, schlicht mit der Situation überfordert gewesen.“ Lindner sei die „personelle Schwachstelle“ in der Ampelregierung gewesen. „Und das hat sich gestern sehr krass gezeigt.“
Kompromissfähigkeit sei ein entscheidendes Merkmal der Demokratie, sagte die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank von den Grünen mit Blick auf den FDP-Chef. „Wer das nicht kann – mit dem ist kein Staat zu machen.“ Neben Enttäuschung über die Ampel insgesamt spüre sie nach dem Koalitionsbruch aber auch „eine große Erleichterung, dass jetzt die Reißleine gezogen wurde und die Hoffnung auf einen neuen Aufbruch“.
Rot-Grün in Hamburg bezeichnete Fegebank als „exakten Gegenentwurf zur Ampel in Berlin“. Auch Tschentscher lobte die vertrauensvolle Zusammenarbeit in der Koalition.
Unterschiedliche Reaktionen auf Ampel-Aus in der Bürgerschaft
Die Ampel sei nicht nur „an den Sabotage-Aktionen der FDP gescheitert“, sagte die Vorsitzende der Linksfraktion in der Bürgerschaft, Cansu Özdemir. „Die Ampel ist auch an der Hilflosigkeit gescheitert, mit der SPD und Grüne versuchten, ihre eigenen Fehlentscheidungen zu kaschieren: Die sparten uns immer weiter in die Krise hinein! So schürt man Zukunftsängste, so befeuert man Hass und Hetze am rechten Rand.“
Für AfD-Fraktionsvize Alexander Wolf war die Ampel „von Anfang an ein Totalschaden mit Ansage“. Nun klammerten sich Scholz und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Elfenbeinturm an die Macht – „das trägt Züge des DDR-Niedergangs“, sagte er.
Die Hamburger FDP-Landesvorsitzende Sonja Jacobsen warf SPD und Grünen mangelnden Mut vor, dringend notwendige Reformen für die Wirtschaft auf den Weg zu bringen. „Neuwahlen sind deshalb der richtige und anständige Weg für Deutschland.“