„Caren Miosga“: Robert Habeck erlebt „Stimmungsumschwung“ zugunsten der Grünen

Wahlkampf am Küchentisch: Robert Habeck will nahbar wirken, um neue Wählerschichten zu erreichen. Bei „Caren Miosga“ schafft er das kaum.

Caren Miosga mimt Empörung, als sie Robert Habeck vorwirft: „Sie haben uns eine Idee geklaut!“ Habeck fragt verdutzt zurück: „Ich Ihnen?“ Ja, sagt Miosga, schließlich führe Habeck jetzt auch „Tischgespräche“. So wie sie in ihrem Studio.

Der grüne Kanzlerkandidat hat den Küchentisch als zentralen Ort seines Wahlkampfs ausgemacht. In seinem Bewerbungsvideo, aufgenommen am Küchentisch, rief er Wähler dazu auf, ihn in ihre Küche einzuladen und von alltäglichen Problemen zu erzählen. Die Symbolik ist plump: Ein Küchentisch haben nun einmal fast alle, von der Kindergärtnerin bis zum Bundesminister – und Habeck will in Zukunft offenbar ein Politiker für alle sein.

Habeck traf eine Kindergärtnerin am Küchentisch

Eine Kindergärtnerin traf Habeck dann auch wirklich: Auf seinem YouTube-Kanal erschien am Sonntag ein Video, Habeck zu Besuch bei Isabell. Er stellt sich ihr als „Robert“ vor („Passt das so für dich?“), krault den Hund („Graue Haare auf der Backe wie ich auf dem Kopf“) und lobt ihren Küchentisch („Ist ganz cool, wenn ich das sagen darf“). Dort erzählt Isabell von der Belastung, wenn sie wieder einmal 20 Kinder alleine betreuen müsse. Habeck hört zu, nickt, am Ende verspricht er mehr Geld für Bildung und sagt: „Also wenn du mich das nächste Mal im Fernsehen über mehr Erzieherinnen reden hörst, warst du das.“

Das Versprechen löst Habeck gleich bei Miosga ein. In den Kitas des Landes, da „fehlt einfach das Personal“, sagt er. Tiefer geht die Problemanalyse nicht. Miosga will etwas anderes wissen: Wie authentisch seien denn die Gespräche am Küchentisch, wenn drei Kameras mitliefen? „Wie ehrlich ist es denn hier?“, fragt Habeck schnippisch zurück. Überhaupt, er habe sich so ungezwungen mit Isabell unterhalten, dass beide die Kameras bald vergessen hätten. „So habe ich das zumindest wahrgenommen.“

Habeck kämpft mit dem Image, der Kandidat einer Elite zu sein, die sich Klimaschutz problemlos leisten kann. Er betont bei Miosga mehrmals, dass er die Sozialverträglichkeit selbst beim umstrittenen Heizungsgesetz immer mitgedacht habe. Nur erklärt er das so umständlich (sprachlich zwischen „Klimalücke“ und „EEG-Umlage“), dass da ausschließlich Politiknerds mitgekommen sein dürften. 

Ein anderer hochtrabender Habeck-Satz von diesem Abend, es geht um den Unterschied zwischen ihm und anderen Politikern: „Die Antworten, die ich gebe, reichen heran an die Dimension der Wirklichkeit“. Ist das nicht ebenjene grüne Arroganz, die politische Konkurrenten den Grünen immer vorwerfen? Nur Robert Habeck, so kann man diesen Satz interpretieren, kennt die Antworten auf die Probleme dieses Landes. Das klingt schon fast wie Angela Merkel, die ihre Politik immer wieder als „alternativlos“ bezeichnete. Und die Habeck, das bestätigte er bei Miosga, für ihre „Lebensleistung“ verehrt.

Trotz „Schwachkopf“-Diskussion sieht Habeck Stimmungsumschwung

Fast skurril ist an diesem Abend, dass Miosga zwar Habecks Wahlkampfvideo anspricht, nicht aber ein anderes, dass in den letzten Wochen für viel Diskussion sorgte: Bei NIUS, dem Boulevardmedium des geschassten BILD-Chefs Julian Reichelt, berichtet ein Rentner, wie er im Schlafanzug Polizeibeamte in seine Küche lassen musste. Die durchsuchten daraufhin sein Haus, wohl auch, weil Robert Habeck den Mann dafür angezeigt hatte, ihn als „Schwachkopf“ bezeichnet zu haben. Zwar handelte CDU-Chef Friedrich Merz ähnlich, wie der stern herausfand. Doch Habeck, der sich derzeit als kritikfähiger Zuhörer zu inszenieren versucht, dürfte diese Posse besonders schaden.

Habeck Schwachkopf Post 9:52

Von dieser Diskussion um seine Person, so wirkt es bei Miosga, scheint der grüne Kanzlerkandidat wenig mitzubekommen. „Wir erleben einen Stimmungsumschwung, vor allem um meine Partei herum“, erklärt er Miosga. Die zieht die Stirn kraus. Wie er denn darauf komme, schließlich stünden die Grünen in den Umfragen doch gerade einmal bei elf Prozent?

Auch dort lege man zu, sagt Habeck, aber vor allem merke er den Wandel unter Parteifreunden. „Bei den Menschen, mit denen ich rede, herrscht eine ganz andere Stimmungslage als noch während der Ampel.“ Vielleicht muss Habeck noch einige Küchentische besuchen, um sagen zu können, ob das auch außerhalb seiner Partei so ist.