Prozesse: Nachbarn jahrelang ausgespäht? Urteil gegen Familie erwartet

Systematisch soll eine Familie aus dem oberschwäbischen Weingarten ihre Nachbarn ausspioniert haben. Vor Gericht stehen alle vier Mitglieder wegen Stalkings. Nun soll das Urteil fallen.

Über mehrere Jahre hinweg soll eine Familie aus dem oberschwäbischen Weingarten ihre Nachbarn belästigt und ausgespäht haben. Das Elternpaar und ihre beiden bereits erwachsenen Töchter sind unter anderem wegen Stalkings in besonders schwerem Fall angeklagt. Vor dem Amtsgericht in Ravensburg wird am Donnerstag (ab 13.00 Uhr) das Urteil erwartet. 

Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen unter anderem Nachstellung und Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes vor, weil sie ihre Nachbarn im Laufe des langen Streits auch gefilmt und abgehört haben sollen. Laut Anklage hatte die Familie mehr als 150 Videos aufgenommen und Telefonate ohne zu fragen mitgeschnitten.

Nachbarn sprechen von „psychischem Terror“

Mit dem Urteil geht nicht nur für das Amtsgericht ein überaus ungewöhnlicher Prozess zu Ende. Mehr als 100-mal war die Polizei in den vergangenen 13 Jahren wegen des ausgeprägten Disputs in Weingarten ausgerückt. Dutzende Strafanzeigen soll die Familie laut „Bild“-Zeitung gestellt haben. Nach Aussage von Zeugen sollen Nachbarn auch bereits wegen der Familie umgezogen sein, andere sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft in psychologischer Behandlung. Nachbarn sprechen in Interviews von „psychischem Terror“. Die Familie soll es sich mit nahezu der gesamten Nachbarschaft verscherzt haben. 

Bei einer Durchsuchung im Februar 2023 hatte die Polizei zahlreiche installierte Videokameras auf dem Grundstück der angeklagten Familie beschlagnahmt. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft sollte die Nachbarschaft damit beobachtet und mögliche Vergehen angezeigt werden. Außerdem fanden die Beamten zahlreiche Datenspeicher und etwa 400 Liter Benzin. Vater und Mutter der Familie sind laut Staatsanwaltschaft bereits vorbelastet.

Vor Gericht hatte sich die Familie gegen Vorwürfe gewehrt und eine ganz andere Sicht der Dinge vertreten. Demnach gehörten ihre Nachbarn auf die Anklagebank und nicht sie, wie die „Südwestpresse“ aus der Aussage des damals 57 Jahre alten Familienvaters zitierte. Ihre Nachbarn seien „Gewalttäter“ und „ein Mob“.