Die Union will Telekommunikationsanbieter verpflichten, bestimmte Daten für drei Monate zu speichern. Ob es dazu noch eine Reform gibt in dieser Wahlperiode, ist allerdings mehr als fraglich.
Um die seit Jahren umstrittene anlasslose Speicherung von IP-Adressen zur Verbrechensbekämpfung ist im Bundestag heftig gestritten worden. Zur Debatte stand unter anderem ein Antrag der Unionsfraktion, der vorsieht, solche Daten, die zur Identifizierung eines Tatverdächtigen führen können, „zum Zwecke der Bekämpfung schwerer Kriminalität sowie zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit für drei Monate im Inland zu speichern“. Die FDP warb erneut für das von ihr vorgeschlagene „Quick-Freeze“-Verfahren, bei dem Daten erst dann gespeichert werden, wenn ein Verdacht auf eine Straftat von erheblicher Bedeutung besteht.
Grüne lehnen Vorratsdatenspeicherung ab
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und andere SPD-Politiker haben sich zwar für eine rechtssichere Form der Speicherung von IP-Adressen ausgesprochen. Mit ihrem verbliebenen Koalitionspartner, den Grünen, gibt es dazu jedoch keinen Konsens. Helge Limburg (Grüne) sagte in der Debatte, es sei falsch, diejenigen für eine differenzierte Abwägung zu diskreditieren, die aus Gründen der Verhältnismäßigkeit dagegen seien, anlasslos alle Menschen in ihren Grundrechten einzuschränken.
Boris Rhein, CDU-Ministerpräsident von Hessen, sagte, die Verbreitung von Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern seien ein Massenphänomen. Ohne eine Verpflichtung der Kommunikationsanbieter zur Speicherung der IP-Adressen sei eine effektive Strafverfolgung hier nicht möglich. „Quick-Freeze“ sei wirkungslos und „großer Quatsch“. Falsch verstandene Liberalität schütze die Falschen und gefährde Minderjährige.
Zahlreiche Zwischenrufe in Debatte
Während der Debatte gab es zahlreiche Zwischenrufe. Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU), sagte am Rednerpult: „Wer schreit, hat in der Regel unrecht, liebe SPD.“ Zwischenrufe kamen allerdings auch aus den Reihen der Union – vor allem während der Reden der Grünen-Politiker.
Der Europäische Gerichtshof hatte in einem Urteil im September 2022 der Speicherung von Telekommunikationsdaten zur Aufklärung von Straftaten in Deutschland enge Grenzen gesetzt. Die Richter urteilten, die derzeit ausgesetzte Regelung zur Vorratsdatenspeicherung in Deutschland sei mit EU-Recht unvereinbar. Sie erklärten aber zugleich, dass zur Bekämpfung schwerer Kriminalität eine Vorratsspeicherung der IP-Adressen unter bestimmten Bedingungen möglich sei.
Im vergangenen April urteilte der Europäische Gerichtshof dann in einem Fall aus Frankreich, Computeradressen dürften generell zur Kriminalitätsbekämpfung gespeichert werden, allerdings nur zeitlich begrenzt. Aktuell gibt es für Kommunikationsanbieter in Deutschland keine Verpflichtung, IP-Adressen zu speichern. Einige von ihnen tun dies für einen Zeitraum von einigen Tagen, andere nicht.