Lebensmittelproduktion: Bauern machen weniger Gewinn – Ruf nach Kurswechsel

Vor gut einem Jahr rollten Traktoren aus Protest gegen die Politik in die Städte. Auch auf den Feldern und Märkten mussten Bauern mit Problemen klarkommen. Das schlägt sich in den Büchern nieder.

Die Landwirte in Deutschland haben nach guten Gewinnen wieder spürbar weniger verdient und sehen rund ein Jahr nach den großen Bauernprotesten weiter schwierige Bedingungen. Im Ende Juni abgelaufenen Wirtschaftsjahr 2023/24 sackten die Ergebnisse der Unternehmen im Schnitt auf 77.500 Euro ab, wie der Bauernverband mitteilte. Dies lag um 29 Prozent unter dem Rekordniveau des Wirtschaftsjahres zuvor. Mit Ausnahme der Schweinehaltung gab es demnach in nahezu allen Betrieben Einbußen. Zur Bundestagswahl fordert die Branche einen Agrar-Kurswechsel.

Bauernpräsident Joachim Rukwied sagte in Berlin: „Der Motor stottert richtig.“ Die Stimmung in der Branche sei nach wie vor gedrückt. Zu schaffen machten den Höfen hohe Kosten für Energie, Pflanzenschutz und Dünger. Und schon über Jahre hinweg seien die Erträge auf den Feldern tendenziell rückläufig, was auf neue Schädlinge und die Klimaveränderung zurückzuführen sei – ob bei Weizen, Raps, Rüben oder Kartoffeln. Und das zeige sich auch beim Ergebnis.

„Einziger Lichtblick“ bei Schweinehaltern

Der „einzige Lichtblick“ war demnach die Schweine– und Geflügelhaltung, die nach längerer Durststrecke zum zweiten Mal in Folge ein Plus verbuchte – auf einen durchschnittlichen Betriebsgewinn von nun 148 000 Euro. Vom Ergebnis sind unter anderem noch Investitionen zu finanzieren. Da gebe es insgesamt gebremste Bereitschaft, vor allem bei Gebäuden, berichtete Rukwied. Für die Bilanz analysiert wurden Buchführungsabschlüsse von insgesamt 6900 Höfen.

Die Aussichten sind insgesamt gemischt, wie der Verband deutlich machte. Bei der Schweinehaltung dürften die Ergebnisse im jetzt laufenden Wirtschaftsjahr stabil bleiben, bei Milchbauern könnte es etwas aufwärts gehen. Die Preise für Getreide lägen aber unter Vorjahresniveau – und das in Kombination mit einer kleineren Ernte 2024. Im Weinbau zeige sich eine „Markt- und Preiskrise“. Schwankungen auf den Märkten und Risiken durch extremes Wetter nähmen zu.

Forderung nach Politikwechsel

„Da braucht es eine Aufbruchstimmung“, forderte der Bauernpräsident. Und die Erwartungen dafür richten sich jetzt auf die vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar. Da brauche es einen Politikwechsel, der die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft auch im europäischen Markt wiederherstelle. Zentral seien Planungssicherheit und verlässliche Rahmenbedingungen. „Die haben wir in den letzten Jahren nicht gehabt“, kritisierte Rukwied im Rückblick auf die Regierungszeit der inzwischen geplatzten Ampel-Koalition.

Ein Reizthema, das kurz vor Weihnachten 2023 bundesweite Bauernproteste auslöste, bringt der Verband jetzt wieder auf den Tisch – das schrittweise Ende lange bestehender Steuervergünstigungen beim Agrardiesel. Hier brauche es zumindest eine durchschnittliche Steuerrückerstattung, wie es sie in Europa gebe. Bei EU-Vorgaben müsse es auch einen „Gleichklang“ bei der nationalen Umsetzung geben statt weiteren Vorgaben. Für die Tierhaltung am Standort Deutschland brauche es Zukunftsperspektiven, forderte Rukwied.

Ungewöhnliche Personalie

Dabei gibt es bei dieser Wahl eine ungewöhnliche Konstellation: Der Präsident des bayerischen Bauernverbands und Bundesvize, Günther Felßner, kandidiert für die CSU – und wurde von Parteichef Markus Söder für den Fall eines Unions-Wahlsiegs schon als „gesetzt“ für den Posten des Agrarministers ausgerufen. Rukwied betonte auf eine Nachfrage dazu, der Bauernverband sei „politisch neutral“. Man werde wie sonst auch keine Wahlempfehlung aussprechen.

Bei den Preisen im Supermarkt ist die Entwicklung nicht klar abzusehen, wie Rukwied erläuterte. Da bleibe es „spannend“. Generell gelte: Je höher der Verarbeitungsgrad eines Lebensmittels, desto geringer der Preisanteil der Landwirte. Bei Brot und Brötchen spiele der Weizenpreis zum Beispiel nicht die Rolle, um Preisanpassungen auszulösen. Energie- und Lohnkosten seien da viel gewichtigere Themen. Und wenn es bei Milch Anstiege für die Bauern um einige Cent pro Liter gebe, handele es sich auch nicht um richtige Preissprünge.