Seine Mutter hielt ihn schon für tot: Mehr als ein halbes Jahr lang saß ein US-Amerikaner in Syrien im Gefängnis. Mit einem Fernsehsender sprach er über seine Erfahrungen.
Das Ende der Assad-Schreckensherrschaft in Syrien bedeutete für viele Gefangene die lange ersehnte Freiheit. Tausende konnten endlich die berüchtigten Gefängnisse verlassen – darunter auch ein US-Amerikaner, der im Sommer verschwunden war.STERN PAID 51_24 Titel Syrien 11.55
Rebellen hatten den Mann aufgegriffen, als er etwas außerhalb von Damaskus barfuß unterwegs war. Videos davon verbreiteten sich im Internet, zunächst blieb die Identität des Amerikaners jedoch unklar. In einem Interview mit dem Fernsehsender CBS identifizierte er sich als Travis Timmerman, ein 29 Jahre alter US-Bürger.
Travis Timmerman war unerlaubt nach Syrien eingereist
Dem US-Sender erzählte Timmerman seine Geschichte: Er sei über den benachbarten Libanon nach Syrien eingereist. Nach eigenen Angaben befand er sich auf einer „christlichen Pilgerreise“. Dort wurde er festgesetzt und wegen unerlaubter Einreise inhaftiert. Mehr als ein halbes Jahr habe er im Gefängnis in Damaskus verbracht.
Im Gegensatz zu vielen anderen Gefangenen wurde Timmerman während seiner Haftzeit nach eigenen Angaben relativ gut behandelt. „Ich habe zu essen und zu trinken bekommen, ich wurde nie geschlagen. Das Einzige, was wirklich schlimm war: Ich konnte nicht auf die Toilette gehen, wann ich wollte. Ich wurde nur dreimal am Tag rausgelassen, um zur Toilette zu gehen“, erzählte er. FS Sednaya Foltergefängnis Syrien 16:28
US-Außenministerium arbeitet an seiner Rückkehr
Nachdem die Rebellen das Assad-Regime gestürzt hatten, wurden Timmerman und seine Mitgefangenen befreit. Zwei Männer mit Maschinenpistolen hätten die Tür zu seiner Zelle mit einem Hammer eingeschlagen: „Das hat mich geweckt. Ich dachte, die Wärter wären noch immer da. Aber als wir rausgingen, gab es keinen Widerstand, keine Kämpfe.“ Er habe mit einer größeren Gruppe Inhaftierter das Gefängnis verlassen und sich dann auf eigene Faust auf die Reise gemacht, um einen Weg zu finden, das Land zu verlassen.
Wirklich verarbeitet habe er seine Befreiung noch nicht, erzählte Timmerman CBS – seine größte Sorge in den vergangenen Tagen sei gewesen, jede Nacht einen Platz zum Schlafen zu finden. Viele Syrer hätten sich dabei aber hilfsbereit gezeigt. Timmerman, der aus dem Bundesstaat Missouri stammt, war laut einer Vermisstenanzeige zuletzt im Sommer in Budapest gesehen worden. Seine Mutter sagte der Nachrichtenagentur Reuters, sie habe ihren Sohn bereits für tot gehalten.Syrien Präsidentenpalast 19:54
US-Außenminister Anthony Blinken erklärte, die Vereinigten Staaten arbeiteten daran, Timmerman wieder in seine Heimat zu holen. Nähere Angaben wollte er aber nicht machen. Auch die syrische Rebellenmiliz „Hayat Tahrir al-Sham“, die die Kontrolle im Land übernommen hat, hat laut der Nachrichtenagentur AP Bereitschaft zur Zusammenarbeit signalisiert.