Beim Erkunden einer Höhle verletzt sich eine Frau in Italien schwer. Es läuft eine aufwendige Rettungsaktion an. Nach gut drei Tagen kommt es zum Happy End – die 32-Jährige ist im Freien.
Es sind Tränen der Freude, die einer der Retter nach dem mehrtägigen Einsatz für die verunglückte Höhlenforscherin Ottavia Piana vergießt. Vor den zahlreichen Fernsehkameras am Ausgang der Höhle Abisso Bueno Fonteno in der Nähe der norditalienischen Stadt Bergamo bringt er nur einen knappen Satz heraus: „Wir sind glücklich!“ Nach etwa 75 Stunden in der Dunkelheit und Enge haben sie es endlich geschafft – Piana ist gerettet.
Um 2.59 Uhr atmete die 32-Jährige wieder frische Luft – im Freien wartete in der Luft stehend ein Helikopter, der sie über eine Seilwinde heraufzog, um sie anschließend ins Krankenhaus zu bringen. Bei ihrem Absturz am Wochenende hatte sich die Frau schwer verletzt. Nach Angaben der Retter zog sie sich Wirbel- und Rippenverletzungen und auch Verletzungen im Gesicht zu.
Freund empfing sie am Ausgang des Höhlenlabyrinths
Trotz ihrer schweren Verletzungen und der extremen Müdigkeit nach mehreren Tagen in der Tiefe war auch bei Piana die Freude beim Erreichen des Ausgangs groß. Sara Frasciatti, eine Krankenpflegerin, die mit ihr unter Tage war, berichtete von dem Moment, in dem Pianas Freund sie empfing: „Ottavia war so glücklich. Er hob das Visier ihres Helms an und sie unterhielten sich.“
Der Erleichterung am frühen Mittwochmorgen ging eine äußerst komplizierte Rettungsaktion voraus: Da nicht genau bekannt war, wie schwer Pianas Verletzungen sind, musste die junge Frau liegend auf einer Trage fixiert werden. Dick eingepackt, mit einem großen Helm geschützt und auf der Bahre verschnürt durfte sie daher auch nur in waagerechter Lage getragen werden.
Fest auf einer Trage verschnürt durch Gänge geschleppt
Auf Videos war zu sehen, wie die Retter der italienischen Berg- und Höhlenrettung sich im Schein der Stirnlampen langsam und vorsichtig durch die engen und rutschigen Gänge des Höhlenlabyrinths tasten. Mache Gänge der verzweigten Höhle waren so eng, dass die Retter nur kriechend mit der Trage auf den Schultern oder mitunter auch auf den Knien vorwärtskamen.
Seit Samstagnacht lief in dem Höhlenlabyrinth am Nordufer des Iseo-Sees zwischen Bergamo und Brescia die aufwendige Rettungsmission. Die Forscherin war mit mehreren Begleitern in der weitläufigen Höhle unterwegs gewesen, um den bislang unbekannten Teil zu erforschen. Beim Abstieg in einen engen Tunnel verlor sie offenbar den Halt und rutschte mehrere Meter in die Tiefe.
Mehr als 150 spezialisierte Berg- und Höhlenretter auch aus anderen Regionen beteiligten sich an der Bergung. Die riesige Höhle wurde erst 2006 entdeckt. Dabei handelt es sich um ein enormes Labyrinth an unterirdischen Gängen, Wasserfällen und Seen mit einer Gesamtlänge von 50 Kilometern. Nicht einmal die Hälfte davon ist erforscht. Piana wollte ein neues Gebiet kartieren.
Kritik an aufwendigem Rettungseinsatz
Die Frau war bereits im Juli 2023 in derselben Höhle eingeschlossen gewesen. Sie verletzte sich damals bei einem Absturz am Bein und musste in einer schwierigen Rettungsmission aus der Höhle ins Freie gebracht werden. Damals konnte sie nach zwei Tagen gerettet und ins Krankenhaus gebracht werden.
In den sozialen Medien kam bereits während des Einsatzes Kritik an den möglichen Kosten für die aufwendige Rettungsmission auf. „Sollen die Kosten nun von uns getragen werden oder von der Höhlenforscherin?“, fragte ein User. Manche gaben Piana die Schuld für ihren Absturz und den deswegen nötigen Großeinsatz. „Lasst sie doch einfach dort“, schrieb wiederum ein anderer.
Federico Catania von der Berg- und Höhlenrettung nahm Piana nach der Rettung in Schutz. „Wir urteilen nicht über die Menschen, denen wir helfen. Wir mögen vielleicht manche Verhaltensweisen als unvorsichtig beurteilen, aber das war hier nicht der Fall“, sagte er im Radio. „Wenn man sie fragt, warum sie in die Höhle zurückgekehrt ist, ist das ein bisschen so, als würde man fragen, warum jemand nach einem Sturz wieder mit dem Radfahren anfängt.“
In der Vergangenheit schon spektakuläre Rettungsaktionen
In den vergangenen Jahren gab es mehrfach spektakuläre Rettungsaktionen, um Menschen aus Höhlen herauszuholen. International die meiste Aufmerksamkeit löste das Verschwinden einer Fußball-Jugendmannschaft im Juni 2018 in Thailand aus. Die zwölf Jungen und ihr Trainer wurden schließlich nach zwölf Tagen aus der Tham-Luang-Höhle gerettet. Ein Taucher starb dabei.