Selbst bekannte Filmemacher bekämen für Projekte nicht das nötige Geld zusammen, warnt Regie-Altmeister Schlöndorff. Der Bundestag entscheidet am Donnerstag, wie es weitergeht.
Nach Alarmrufen aus der Filmbranche sieht es so aus, als könnte die deutsche Filmförderung auch 2025 weitergehen. Der Kulturausschuss im Bundestag billigte am Mittwoch das neue Filmförderungsgesetz, wie ein FDP-Sprecher mitteilte. Damit ist für den Vorschlag diese Woche auch im Plenum des Parlaments eine Mehrheit absehbar. „Die Filmbranche atmet auf“, erklärte die Allianz Deutscher Produzentinnen und Produzenten.
Zuvor hatte auch Starregisseur Volker Schlöndorff Alarm geschlagen. Gingen die Pläne nicht durchs Parlament, würden selbst erfolgreiche Filmemacher in die Pleite gehen, sagte Schlöndorff der Deutschen Presse-Agentur. „Da könnte man nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.“
Das bisherige Filmförderungsgesetz (FFG) läuft Ende des Jahres aus. Wird es nicht erneuert, könnte die sogenannte Filmabgabe nicht mehr von Nutzern der Produktionen wie Kinos, Videowirtschaft, Online-Anbietern oder Sendern erhoben werden. Dann würde der Fördertopf nicht mehr gefüllt und es gäbe eine Lücke in der Finanzierung deutscher Filmprojekte ab Januar.
Danach sieht es nun nicht mehr aus. Im Ausschuss stimmten die ehemaligen Ampelparteien SPD, Grüne und FDP nach einigen Änderungen für die Vorlage. Die Liberalen würden den geänderten Vorschlag auch im Plenum mittragen, sagte der Fraktionssprecher.
„Da gibt es ein Versprechen“
Die Billigung des Förderungsgesetzes allein reiche aber nicht, sagte Schlöndorff. Das Volumen der Filmabgabe sei zurückgegangen, unter anderem wegen der Kinokrise. „Da gibt es ein Versprechen, ich hoffe, dass sie das halten, dass sie den deutschen Förderfonds um 30 Millionen aufstocken. Das sind alles lächerliche Summen im Verhältnis zu so einem Bundeshaushalt, natürlich, aber für unsere Wirtschaft ist es überlebensnotwendig.“
Weil nach dem Aus der Ampel-Koalition die Mehrheiten wackeln, appellierte zuletzt auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) an die Abgeordneten. Ohne Filmförderung könnten viele Produktionen ins Ausland abwandern, warnte sie im November. Eine umfassende Reform sei von existenzieller Bedeutung für den Filmstandort Deutschland.
Mit Steuervorteilen nach Prag oder Paris
So sieht es auch Schlöndorff. Andere europäische Länder böten zudem große Steuervorteile und zögen damit Dreharbeiten nach Prag, Rom oder Paris. „Die bieten 30 bis 40 Prozent steuerliche Vergünstigungen für die Produktionen, die dort drehen – und bei uns null“, sagte der Regisseur von Filmklassikern wie „Die Blechtrommel“ oder „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“.
Bei großen Produktionen mache das Millionensummen aus, fügte er hinzu. „Deshalb steht Studio Babelsberg seit zwei Jahren leer. Und genauso geht es der Bavaria in München und Studio Hamburg und den Studios in Köln.“
Brief an Scholz
Er habe Bundeskanzler Olaf Scholz, der seinen Wahlkreis in Potsdam habe, persönlich angeschrieben, sagte Schlöndorff. Deutschland brauche ähnliche Steuermodelle. Das hat Roth auch geplant. Aber bislang ist das Vorhaben weder vom Kabinett noch von Bundestag oder Bundesrat beschlossen. Weil ein Bundeshaushalt fehlt, sind Spielräume sehr begrenzt.
Ein drittes Element der Förderung gilt kurzfristig vor der Bundestagswahl als chancenlos, weil es bei der EU angemeldet werden müsste: eine Verpflichtung von Streamingdiensten, ein Teil ihrer in Deutschland erwirtschafteten Gewinne wieder hier zu investieren.
Mit Jenny Erpenbeck in die Masuren?
Schlöndorff sagte, er selbst sei „mit zwei Projekten gescheitert“. Das eine sei sein angekündigter Film über Antonio Vivaldi, das andere eine Verfilmung von Jenny Erpenbecks Buch „Heimsuchung“. „Ich habe mit ihr zusammen ein sehr schönes Drehbuch geschrieben, habe tolle Schauspieler, Lars Eidinger, Martina Gedeck und andere mehr“, sagte der 85-Jährige. Aber: „Man bekommt keine Finanzierung zusammen.“
Die Geschichte spiele am Märkischen Meer in Brandenburg, aber ohne deutsche Förderung müsse er sehen, ob er den Film an den masurischen Seen in Polen drehe. „Aber das ist ja absurd, weil das so ein Berlin-märkischer Film ist.“