JVA Augsburg-Gablingen: Häftlinge sollen wochenlang in Spezialzellen gewesen sein

Wegen Gewaltvorwürfen wird gegen bayerische Justizbeamte ermittelt. Es geht um Spezialzellen, in denen Häftlinge misshandelt worden sein könnten. Nach und nach kommen weitere Details ans Licht.

In der umstrittenen Justizvollzugsanstalt Gablingen bei Augsburg sollen Häftlinge teils mehr als drei Wochen am Stück in den sogenannten besonders gesicherten Hafträumen (bgH) eingesperrt gewesen sein. Das geht aus der Antwort des Justizministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Landtagsfraktion hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zuvor hatte die „Augsburger Allgemeine“ (Donnerstag) darüber berichtet.

Laut der Ministeriumsantwort auf die Landtagsanfrage gab es mindestens zwei Fälle in Gablingen, in denen Gefangene 24 Tage in den Spezialzellen ausharren mussten. 

In JVA Gablingen mehr Unterbringungen in Spezialzellen

Bayernweit ging die Zahl der Unterbringungen in besonders gesicherten Hafträumen seit 2019 von 1.538 auf 1.395 im Jahr 2023 zurück. Auch die Gesamtbelegung in den Gefängnissen ist der Statistik nach rückläufig, wie das Ministerium mitteilt. Demnach saßen 2019 in bayerischen JVA 28.403 Personen ein, 2023 waren es 26.092 Personen.

Entgegen dem Trend ist in der JVA Augsburg-Gablingen die Zahl der Unterbringungen in den besonders gesicherten Hafträumen deutlich gestiegen. Waren es 2019 noch 53, zeigt die Statistik für 2023 126 Fälle.

Die Zahl der Häftlinge, die länger als drei Tage in einem solchen Haftraum untergebracht waren, stieg dort ebenfalls stark an: von 28 Fällen im Jahr 2022 auf 70 Fälle 2023. Laut Ministerium befanden sich in Augsburg-Gablingen 2022 28 Häftlinge länger als drei Tage in einem bgH.

Ab drei Tagen müssen solche Unterbringungen dem Ministerium gemeldet werden. „Das Ministerium muss also gemerkt haben, dass die Zahlen hier plötzlich in die Höhe springen“, kritisiert Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze. 

Ministerium: Verunsicherung in Bayerns Gefängnissen

Für das zu Ende gehende Jahr 2024 stellte das Ministerium fest, dass seit Anfang November die Zahl der bgH-Unterbringungen bayernweit rückläufig ist. Der Hauptgrund ist nach Einschätzung des Ministeriums eine Verunsicherung in den JVA. Auch deshalb sei es notwendig, einheitliche Leitlinien für die Unterbringung in den bgHs zu entwickeln, teilte ein Sprecher mit. Das sei eine der zentralen Aufgaben der unabhängigen, interdisziplinären Kommission, die Minister Eisenreich einsetzen werde. 

Ermittlungen laufen

Die Augsburger Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit gegen insgesamt 17 Justizmitarbeiterinnen und -mitarbeiter aus Gablingen, hauptsächlich wegen der Unterbringung von Insassen in den Sicherheits-Hafträumen. Es gibt den Verdacht, dass Häftlinge dort misshandelt worden sein könnten. In den karg ausgestatteten Zellen werden Strafgefangene untergebracht, wenn sie als suizidgefährdet oder besonders aggressiv gelten.

Die Ermittlungen laufen auch gegen die frühere Leiterin der JVA und ihre ehemalige Stellvertreterin. Bis zum Abschluss des Strafverfahrens gilt für alle Beschuldigten die Unschuldsvermutung. Die Staatsanwaltschaft hat seit Oktober mehrfach das Gefängnis durchsucht und mögliche Beweismittel sichergestellt.

Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) hatte bei einem Bericht im Landtag über die Vorgänge in Gablingen Mängel eingeräumt. Er hatte auch erklärt, dass künftig gegebenenfalls ein Richter bei der Unterbringung von Häftlingen in den besonders gesicherten Hafträumen ab einer gewissen Dauer eingeschaltet werden sollte. Bislang entscheiden die Verantwortlichen der Gefängnisse selbst darüber.

Mitteilung Justizministerium