Korruptionsverdacht: Von Polen gesuchter Ex-Vizeminister erhält Asyl in Ungarn

Ein einstiger Vertreter der abgewählten PiS-Regierung wird wegen Korruptionsverdachts gesucht. Ungarn gewährt ihm Schutz. Die Regierung in Warschau sieht darin einen feindlichen Akt.

Ein von Polen wegen Korruptionsverdachts mit europäischem Haftbefehl gesuchtes Mitglied der früheren PiS-Regierung hat in Ungarn politisches Asyl erhalten. Die ungarischen Behörden hätten dem einstigen Vize-Justizminister Marcin Romanowski Schutz gewährt, teilte dessen Anwalt Bartosz Lewandowski auf X mit. Der Kanzleichef von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban bestätigte die Angaben, wie die Nachrichtenagentur PAP meldete. 

Die Regierung in Warschau reagierte verstimmt. Man betrachte die Gewährung von Asyl für Romanowski, der verdächtigt werde, Straftaten begangen zu haben, als einen „feindlichen Akt gegen Polen und die Grundsätze der EU“, schrieb Außenminister Radoslaw Sikorski auf X. Er kündigte weitere Schritte an.

Verdacht auf Veruntreuung von Millionen

Die polnische Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den 48-jährigen Romanowski wegen elf Straftatbeständen, darunter auch wegen des Verdachts auf Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Am Donnerstag hatte ein Gericht dem Antrag der Ermittler stattgegeben, nach dem Politiker mit einem europäischen Haftbefehl zu fahnden.

Als stellvertretender Justizminister soll er Millionenbeträge aus einem Fonds für Verbrechensopfer in Projekte geschleust haben, von denen sich der damalige Justizminister Zbigniew Ziobro einen Nutzen für die Partei versprach. Romanowski bestreitet alle Vorwürfe.

Berichte: Aufnahmestudios statt Schutz für Verbrechensopfer

In einem Fall sollen umgerechnet 23,5 Millionen Euro an die Stiftung eines katholischen Priesters geflossen sein, der als Exorzist von sich reden machte. Die Gelder waren für den Bau eines Hauses gedacht, das vorgeblich Verbrechensopfern Schutz bieten sollte. Dort soll der Priester allerdings laut Medienberichten mehrere Aufnahmestudios eingerichtet haben, weil er den Aufbau eines medialen Imperiums nach dem Vorbild des rechtskatholischen Senders Radio Maryja plante.

Die nationalkonservative PiS, deren Name „Prawo i Sprawiedliwosc“ übersetzt Recht und Gerechtigkeit bedeutet, regierte Polen von 2015 bis 2023. In dieser Zeit baute sie das Justizsystem maßgeblich um, was sie auf Konfrontationskurs mit der EU-Kommission brachte. Im Oktober 2023 verlor die PiS die Parlamentswahl und ist seitdem die größte Oppositionspartei des Landes. Die Mitte-Links-Koalition von Regierungschef Donald Tusk bemüht sich seitdem, die umstrittenen Justizreformen der PiS-Regierung wieder rückgängig zu machen.

Nach Angaben von Romanowskis Anwalt argumentierte der Politiker in seinem Asylgesuch, die Ermittlungen der polnischen Staatsanwaltschaft gegen ihn seien politisch motiviert. Auch könne er in Polen nicht mit einem fairen Prozess rechnen. Die ungarischen Behörden hätten dem Antrag demnach stattgegeben, weil „die Rechte und Freiheiten“ des ehemaligen Vize-Ministers in seiner Heimat eingeschränkt seien.