Wirtschaftspolitik: Koalition will Vergabegesetz überarbeiten

Sind die Vorgaben für Unternehmen bei Aufträgen der öffentlichen Hand zu bürokratisch? In Sachsen-Anhalt soll ein Gesetz nun noch einmal unter die Lupe genommen werden.

Die schwarz-rot-gelbe Koalition will das Tariftreue- und Vergabegesetz in Sachsen-Anhalt überarbeiten. Ziel ist es, bürokratische Hürden für Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen zu überprüfen und gegebenenfalls abzubauen, wie Vertreter von CDU, SPD und FDP im Landtag deutlich machten. Die Christdemokraten und die Liberalen würden das Gesetz gerne ganz abschaffen, die Sozialdemokraten schließen das jedoch aus.

Das novellierte Tariftreue- und Vergabegesetz ist in Sachsen-Anhalt Anfang 2023 in Kraft getreten. Darin ist geregelt, dass möglichst nur noch solche Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen Geld kassieren, die ihren Beschäftigten Tariflohn zahlen. Für Betriebe, die das nicht erfüllen können, gilt ein landesspezifisch festgeschriebener Vergabe-Mindestlohn. Es gibt jedoch Kritik an bürokratischen Hürden und Dokumentationspflichten. 

Es gebe unterschiedliche Auffassungen in der Koalition, man werde aber konstruktive Lösungen finden, sagte FDP-Fraktionschef Andreas Silbersack. „Es ist mehr Bürokratie geworden und nicht weniger“, so Silbersack. „Die Verbände und Unternehmen, die sagen uns: „Wir kommen damit nicht zurecht.““ Er brachte die Option ins Spiel, ähnlich wie in der Corona-Pandemie Regelungen außer Kraft zu setzen.

CDU-Politiker sieht „weltfremden Regulierungswahn“

Auch CDU-Wirtschaftspolitiker Ulrich Thomas hält das Gesetz für überflüssig. Er verwies jedoch auf den Koalitionsvertrag, in dem man sich auf das Projekt verständigt habe. „Ich kenne keine Firma im Bau oder woanders, die es sich leisten kann, mit Dumpinglöhnen ihre Leute zu bezahlen, da wären die Leute selbst schon weg und hätten sich eine andere Firma gesucht.“

Thomas sieht einen „weltfremden Regulierungswahn“, Kommunen und Landkreise würden häufig keine Angebote mehr erhalten. Deutschland sei in einer Wirtschaftskrise, die Verfahren müssten deshalb beschleunigt und vereinfacht werden.

„Mit uns wird es keine Abschaffung des Tariftreue- und Vergabegesetzes geben“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Holger Hövelmann. Tarifgerechte Bezahlung sei kein Teufelszeug, die öffentliche Hand müsse gute Löhne einfordern. Wenn bürokratische Hürden abgebaut und die Anwendung des Gesetzes vereinfacht werden könne, sei man aber bereit, über Änderungen zu reden, so Hövelmann.

AfD für Abschaffung, Linke und Grüne dagegen

Die AfD-Landtagsfraktion drängt auf eine Abschaffung des Vergabegesetzes. Die Regelungen sorgten dafür, dass sich kaum noch Unternehmen bei Verwaltungen um Aufträge bewerben würden, sagte der Abgeordnete Matthias Lieschke. „Lassen Sie uns das abschaffen.“

Wulf Gallert (Linke) sagte, es sei ein Irrtum, dass sich alles von allein regle. „Wer das abschaffen will, verrät die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern hier in Sachsen-Anhalt.“ Olaf Meister (Grüne) betonte, es sei sinnvoll, zu schauen, wie mit weniger Bürokratie mehr erreicht werden könne.

Der Baugewerbe-Verband Sachsen-Anhalt hatte sich zuletzt für die Abschaffung des Vergabegesetzes ausgesprochen. Die Unternehmen seien zunehmend gezwungen, Aufträge der öffentlichen Hand abzulehnen, da die bürokratischen Hürden selbst bei kleinen Projekten in keinem Verhältnis zur Auftragsgröße stünden, hieß es.