Sonderwünsche für viel Geld: Auto-Manufakturen: Wenn Luxus von der Stange nicht genug ist

In der Premiumliga der Fahrzeugmodelle geht es individueller denn je zu. Was ist möglich, wenn das Luxus-Auto nicht exklusiv genug ist?

Dass Nobelhersteller wie Rolls-Royce, Ferrari oder Bentley bei den Traumwagen ihrer bestens betuchten Kunden jeden scheinbar nur erdenklichen Wunsch in die Tat umsetzen, ist nicht neu. Doch auch die Premiummarken eine Klasse darunter haben die Individualisierungsprogramme längst für sich entdeckt, um Kundenherzen strahlen zu lassen und ganz nebenbei die Erträge zu maximieren. 

Christopher Cattle ist ein Urgestein bei Jaguar Land Rover und kennt seine Nobelkunden bestens. Zusammen mit seinem Team macht er in der Abteilung Special Vehicle Operations automobile Wünsche wahr. Besonders beliebt: der Range Rover, eine nach der Markteinführung in den frühen 1970er-Jahren lange Zeit ungewöhnliche Symbiose aus Luxuslimousine, Geländewagen und britischem Understatement, die über die Jahrzehnte zum Alltagsgefährt wohlbetuchter Kunden wurde.

Wartezeit und Geld spielen bei Luxus-Autos keine Rolle

Ein Range Rover ist bereits im Konfigurator mit jedem nur erdenklichen Ausstattungsdetail zu bekommen. Doch immer mehr Kunden ist der Luxus von der Stange selbst bei den Topversionen Autobiography und SV mit einem Komplettangebot an Ausstattungspaketen nicht genug. „Solche Fahrzeuge kosten schnell rund 200.000 Euro. Doch mit den entsprechenden Sonderwünschen bei Sonderlacken, Lederfarben und bestickten Sitzen oder Kopfstützen geht es deutlich nach oben“, erklärt Cattle. „Pro Jahr werden bei uns rund 400 Fahrzeuge individualisiert. Ein Durchschnittspreis für einen edel ausgestatteten Range Rover SV dürfte so bei 280.000 Euro liegen. Doch es gibt auch Modelle, die kosten 400.000 Euro oder mehr – unter Umständen bis zu 750.000 Euro.“

In der Manufaktur in Sindelfingen wird Tag für Tag an Nähmaschinen gearbeitet. Nahezu alles ist aufwendige Handarbeit, die oft in wochenlangen Einzelschritten erledigt wird
© Mercedes-Benz

Die Wartezeit für die Kunden, ehe das Fahrzeug in die eigene Einfahrt rollt, liegt bei rund einem Jahr. Wer sich besonders gefährdet fühlt, kann seinen Range Rover auch mit einer Schwerpanzerung der Schutzstufe VR 9 ausstatten lassen. Dann geht es jedoch erst bei 700.000 Euro los.

Die meisten Kunden kommen zur Individualisierung des eigenen Traumwagens eigens in die englische Diaspora von Warwickshire, um sich unter 10.000 Farben den Traumlack und das Interieur nach Familienwahl auszusuchen. Mitunter sind es nicht nur Einzelstücke, sondern auch Kleinserien, die hier umgesetzt werden. „Wir haben für den Markt im Mittleren Osten zuletzt beispielsweise eine Edition von 20 besonders exklusiven Fahrzeugen aufgelegt, wo wir Kristallglas in den Lack gemischt hatten“, berichtet Cattle, „bei der Bespoke Sadaf-Serie drehte sich alles um Perlentaucher aus der Region.“

Individualisierung ist Handarbeit

Individueller denn je geht es seit Jahren auch bei Mercedes zu. Gerade die Kunden der Luxusmodelle S- und G-Klasse sowie von EQS und Maybach findet in der prallen Sonderausstattungsübersicht längst nicht jeden ihrer Wünsche erfüllt. Dann geht es zur Ehrenrunde in die Manufaktur. Ob ausgesuchte Lacke für das Exterieur oder exklusive Materialien im Interieur – die Sonderfertigungsstätte biete zahlreiche Optionen, sich das persönliche Traumauto zu kreieren, erläutert Michael Schiebe, verantwortlich für AMG, G-Klasse und Maybach. „Dort werden ausgewählte Ausstattungen, die in der Manufaktur in Handarbeit produziert werden, in das jeweilige Fahrzeug eingebaut.“

Die teuersten Neuwagen der Welt 13.30

Selbst wenn über die Jahre modernste Verarbeitungsverfahren eingeführt wurden, braucht es im Umgang mit Leder, Holz oder Faden Erfahrung. Das Individualisierungsteam an Tischen und Nähmaschinen besteht daher laut Mercedes aus Spezialisten, die sich zumeist seit Jahrzehnten mit ihrem Handwerk beschäftigten und die Fahrzeuge in aufwendigen Prozessen zu Einzelstücken veredelten. Der eine Kunde wolle Intarsien in seinen Holzleisten; andere einen Dachhimmel aus Leder oder die Einarbeitung des Familienwappens wohin man auch schaut.

Je nach Komplexität des Auftrags werden in Sindelfingen den Angaben zufolge bis zu 20 Fahrzeuge am Tag individualisiert. Damit sich die komplexe Produktionsstruktur ohne zeitliche Lücken darstellen lasse, könnten fahrerlose Transportsysteme (kurz AGV – autonomous guided vehicles) jedes einzelne Fertigungsmodul ansteuern.

Auch bei BMW werden die Sonderwünsche immer wichtiger. In der Abteilung Individual werden neben Einzelmodellen auch Sonderserien umgesetzt – wie dieser XM Kith, von dem 47 Fahrzeuge entstehen

Ganz ähnlich wie bei Mercedes sieht es auch in München aus, denn die Nachfrage nach speziell veredelten BMW-Fahrzeugen wächst ebenfalls von Jahr zu Jahr – beim Doppelpack aus BMW i7 / 7er sowie den großen SUV XM / X7. Auch Kleinserien speziell für die besonders anspruchsvollen Märkte in den Vereinigten Arabischen Emiraten, USA oder China werden hier hergestellt. Auf der Art Miami präsentierten die Münchner jüngst eine besonders exklusive Sonderedition des BMW XM.

2025 wird BMW eine Serie von 47 violettfarbenen Fahrzeugen auflegen, die zusammen mit dem US-Künstler Ronnie Fieg und seinem Modelabel Kith entstanden ist. Neben besonderen Felgen und einer speziellen Innenausstattung wird zu jedem der XM-Modelle ein spezieller Dufflebag ausgeliefert, in dem das Ladekabel des Plug-in-Hybriden untergebracht ist.