Supreme Court: Selbst Donald Trumps Republikaner wurden vom Immunitäts-Urteil überrascht

Der US-Präsident ist in einigen Bereichen immun vor Strafverfolgung – das entschied gerade der Supreme Court. Die Republikaner feiern – und setzen auf Angriff.

Diese Entscheidung hat das Potential, den Verlauf der Geschichte zu verändern: Ein US-Präsident kann nicht für Verbrechen belangt werden, die er in Erfüllung seiner amtlichen Verpflichtungen begangen hat – so entschied es gerade das höchste Gericht der Vereinigten Staaten. Für das Trump-Lager ist es ein überraschender Sieg. „Es ist wie Weihnachten“, gab sich ein Anwalt aus Trumps Umfeld gegenüber dem „Rolling Stone“. 

Kommentar zu Trumps Immunität, 2045

Trump-Lager ist selbst überrumpelt

Zwar hatten die Anwälte von Trump für dessen Immunität gestritten, allerdings zunächst mit einem anderen Ziel: Die Forderung nach absoluter Immunität vor Strafverfolgung sollte eigentlich nur mehrere Verfahren gegen Trump so lange hinauszögern, dass sie erst nach der Präsidenschaftswahl am 5. November dieses Jahres hätten entschieden werden können. Sei er erst wieder Präsident, so das Kalkül, hätte Trump die Verfahren beenden oder sich selbst begnadigen können.

Dass das oberste Verfassungsgericht nun ihrer Argumentation in Teilen Recht gab, hatten Trumps Anwälte und Berater nicht erwartet. „Sollen wir John Roberts einen Muffin-Korb schicken“, witzelte offenbar eine Person aus Trumps direktem Umfeld in Andeutung an den federführenden Richter. 

Republikaner geben sich selbstbewusst

Offiziell klingt die Haltung der Republikaner natürlich ganz anders. Die Entscheidung sei „ein gigantischer Sieg, nicht nur für Donald Trump, sondern für den Rechtsstaat“, erklärte der republikanische Senator von Ohio, J.D. Vance, breitbeinig gegenüber der „New York Times“. 

Das Urteil sei ein „weiterer Rückschlag für den illegalen und verfassungsfeindlichen Kreuzzug, mit dem die Demokraten Widerrede kriminalisieren, politische Gegner ins Gefängnis stecken, eine authoritäre Herrschaft einführen und die Demokratie mit einem Deep State ersetzen wollen“, posaunte Trumps Berater Stephen Miller.

FS Trumps Vize-Favoriten

„Das ist verrückt“, schießt Senats-Sprecher Mike Johnson gegen Befürchtungen, künftige Präsidenten könnten die Immunität im Amt zu ihrem Vorteil nutzen. „Es gibt heute viele Übertreibungen. Diese Fantasien, die sie sich ausgedacht haben, dass künftige Präsidenten zu Auftragsmödern werden könnten“, sagte er. Genau dieses Beispiel hatte Sonia Sotomayor genannt, eine der Richterinnen am Supreme Court, die sich gegen die Entscheidung für Trumps Immunität während seiner Präsidentschaft ausgesprochen hatte.

Andere republikanische Abgeordnete bliesen ins selbe Horn, sprachen davon, dass die Demokraten das Gerichtssystem „zur Waffe machten“, um dem unliebsamen Kandidaten Trump zu schaden.

Angst vor den Folgen

Das sehen nicht nur die Demokraten anders. Präsident Joe Biden sprach von einem „gefährlichen Präzedenzfall“. Er sehe „keine Grenzen für das, was ein Präsident tun kann“, erklärte er bei einer Rede im Weißen Haus. „Das ist eine grundlegend neue Situation.“

Das Verfassungsgericht selbst war über diese Frage ebenfalls gespalten. Drei der Richterinnen hatten dagegen gestimmt, ihre Haltung in einer eigenen Erklärung bekräftigt. Der Präsident werde durch dieses Gesetz „ein König über dem Gesetz“, heißt es in der von Richterin Sotomayor verfassten Stellungnahme. „Das Gericht kreiiert in der Praxis einen rechtsfreien Raum um den Präsidenten, stört damit den seit der Gründung der Vereinigten Staaten bestehenden Status Quo.“

Schnelle Konsequenzen

Dass Trumps Team die Tragweite der Entscheidung durchaus begreift, zeigen die schnell entworfenen Pläne, sie zu benutzen. In den Stunden nach dem Urteil sollen sich die Berater daran berauscht haben, wie man die so gewonnene Handlungsfreiheit für die Umsetzung Trumps teils extremer Pläne für seine zweite Amtszeit nutzen könne. 

Schnell hätten Trumps Berater und Anwälte damit begonnen, die der Entscheidung zugunde liegende Argumentation in ihre Verteidigung für die noch anstehenden Verfahren wegen Wahlmanipulation einzubauen.

Die erste direkte Folge gibt es bereits: In einem Brief an den zuständigen Richter hat Donald Trump nur Stunden nach dem Urteil des Verfassungsgericht beantragt, seine Verurteilung im Schweigegeld-Prozess vom letzten Monat wieder zurückzunehmen. Er war in allen 34 Punkten schuldig gesprochen worden. Die Verkündung des Strafmaßes ist eigentlich für den 11. Juli terminiert. 

Quellen:Rolling Stone, New York Times, CNN, The Hill