Im Vereinigten Königreich gehen wahrscheinlich 14 Jahre konservativer Regierung zu Ende. Die Lage für Premier Sunak scheint aussichtslos.
In Großbritannien läuft die Parlamentswahl. Die Wahllokale sind seit dem Morgen (7.00 Uhr Ortszeit, 8.00 Uhr MESZ) geöffnet. Meinungsforscher erwarten einen haushohen Sieg der Labour-Partei, die bisher in der Opposition war. Deren Chef Keir Starmer dürfte damit den bisherigen Premierminister Rishi Sunak in der Downing Street ablösen. Sunaks Konservative lagen zuletzt in Umfragen rund 20 Punkte hinter den Sozialdemokraten.
Sunak gab morgens im Örtchen Kirby Sigston in seinem nordenglischen Wahlkreis Richmond seine Stimme ab, gemeinsam mit seiner Ehefrau Akshata Murthy. Der 44-Jährige winkte den Fotografen zu, äußerte sich aber nicht weiter. Es ist denkbar, dass Sunak als erster Premier der Geschichte seinen Wahlkreis verliert und den Wiedereinzug ins Parlament verpasst.
Wahlberechtigt sind mehr als 46 Millionen Menschen, die jeweils eine Stimme haben. Alle Sitze im Unterhaus werden per Direktmandat vergeben. Dabei gewinnt stets die Kandidatin oder der Kandidat mit den meisten Stimmen in einem der 650 Wahlkreise. Die absolute Mehrheit im Unterhaus (House of Commons) beträgt 326 Sitze.
Projektionen sagen Labour weit mehr als 400 Mandate voraus. Damit liegt die Partei auf Kurs, die größte Mehrheit im Unterhaus seit rund 190 Jahren zu erzielen.
Experten betonten, die Konservativen seien nur noch auf Schadensbegrenzung aus. In stündlichen Posts warnte Sunak vor einer „Super-Mehrheit“ für Labour, ohne weitreichende Kontrolle. Eine solche „Super-Mehrheit“ gibt es im britischen Parlamentssystem nicht. Es ist für die Gesetzgebung egal, ob eine Partei 20 oder 200 Sitze mehr hält als die anderen Kräfte zusammen. In stündlichen Posts auf X behauptete Sunak zudem, die Sozialdemokraten planten Steuererhöhungen auf breiter Fläche. Das stimmt nach Einschätzung von Kommentatoren nicht, Labour-Chef Starmer weist den Vorwurf zurück.
Labour-Chef kündigt „Zeitalter der Hoffnung“ an
Der 61-Jährige kündigte ein „neues Zeitalter der Hoffnung und Chancen“ an. „Dies ist eine großartige Nation mit grenzenlosem Potenzial“, sagte Starmer am Vorabend der Wahl. „Die Briten verdienen eine Regierung, die ihren Ambitionen entspricht. Heute haben wir die Chance, gemeinsam mit Labour mit dem Wiederaufbau Großbritanniens zu beginnen.“
Gründe für den Niedergang der Konservativen gibt es viele. Vor allem haben zahlreiche Skandale und Affären, vor allem unter dem ehemaligen Premierminister Boris Johnson, das Vertrauen der Menschen in die Tory-Partei zerstört, die seit 14 Jahren regiert.
Rechtspopulisten nehmen Konservativen viele Stimmen weg
Mit Spannung wird auch das Abschneiden der Liberaldemokraten erwartet, die manchen Berechnungen zufolge sogar Chancen haben, die Konservativen als größte Oppositionsfraktion abzulösen. Die rechtspopulistische Partei Reform UK von Nigel Farage, der einst den Brexit maßgeblich vorantrieb, dürfte erstmals ins Unterhaus einziehen. Experten rechnen damit, dass die ehemalige Brexit-Partei die Konservativen viele Stimmen am rechten Rand kostet.
Mit Schließung der Wahllokale um 23.00 Uhr (MESZ) wird eine Prognose erwartet. Die einzelnen Wahlkreise werden noch bis zum Freitagmorgen ausgezählt. König Charles III. beauftragt den neuen Premierminister am Freitag offiziell mit der Regierungsbildung.
Post von Sunak bei X