Der Markt für illegale Drogen in Europa ist laut dem Jahresbericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) so groß wie nie zuvor. Es gebe in Europa einen „extrem komplexen Drogen-Markt, der sich rasch entwickelt, auf dem etablierte illegale Drogen weithin verfügbar sind und immer neue synthetische Substanzen mit hohem Wirkstoffgehalt aufkommen“, erklärte EMCDDA-Direktor Alexis Goosdeel am Dienstag.
Dem Bericht zufolge wurden im vergangenen Jahr 26 neue Drogen in Europa festgestellt. Damit muss die EMCDDA nun mehr als 950 psychoaktive Substanzen im Blick behalten.
Neben der Verbreitung immer neuer Drogen ist dem Bericht zufolge der sogenannte multiple Substanzgebrauch, also der gleichzeitige Konsum von zwei oder mehr verschiedenen Drogen, ein wachsendes Problem. Die häufigsten Drogencocktails sind der Untersuchung zufolge Mischungen aus Benzodiazepinen und Opioides, beides Entspannungs- und Betäubungsmittel, oder aus aufputschendem Kokain und Alkohol.
Mit vier Millionen Konsumenten im Alter zwischen 15 und 64 Jahren ist Kokain in Europa dem Bericht zufolge die meistkonsumierte illegale Droge. Etwa ein Fünftel der 2022 gemeldeten tödlichen Überdosen in Europa standen mit Kokain im Zusammenhang, oftmals in Kombination mit anderen Drogen.
Der Schmuggel von Kokain aus Südamerika nach Europa hat dem Bericht zufolge zum sechsten Mal in Folge zugenommen. Die Drogen-Beobachtungsstelle der EU ist sich sicher, dass nur ein Bruchteil der eingeschmuggelten Kokain-Menge von den Sicherheitsbehörden aus dem Verkehr gezogen wird.
Große Mengen Kokain kommen über Container-Häfen wie Antwerpen, Rotterdam und Hamburg nach Europa. Wegen der strengeren Überwachung der großen Häfen weichen die Schmugglerbanden inzwischen offenbar vermehrt auf weniger stark kontrollierte Häfen in Schweden oder Norwegen aus. Außerdem wird auch in Europa selbst Kokain hergestellt: 2022 wurden dem Bericht zufolge 39 Kokain-Labore in Europa entdeckt. 2021 waren es demnach 34.
Die insgesamt am meisten konsumierte Droge in Europa ist Cannabis. Sie wurde dem Bericht zufolge 2023 auf dem Kontinent von 22,8 Millionen Menschen genommen, darunter 15,1 Millionen junge Menschen im Alter zwischen 15 und 34 Jahren.
Der Großteil des in Europa konsumierten Heroins kommt der EU-Beobachtungsstelle zufolge aus Afghanistan. Da der Anbau des Heroin-Grundstoffs Schlafmohn dort 2022 verboten wurde, rechnet die EMCDDA mit einer Verknappung des Heroin-Angebots in Europa. Die Behörde fürchtet, dass diese Lücke durch noch stärkere synthetische Opioide geschlossen werden könnte. In diesem Zusammenhang warnt die Beobachtungsstelle insbesondere vor der Ausbreitung von Nitazen, das 500 Mal stärker wirkt als Morphin.