Arbeit nur simuliert: US-Firmen kämpfen mit Fleiß-Fakern im Homeoffice

Im Mai entließ eine US-Bank Dutzende Angestellte, weil diese die Arbeit im Homeoffice simulierten – in den USA kein Einzelfall. Doch die Arbeitgeber wehren sich.

Mausbewegungen, Tastaturanschläge, Präsentationen – aber der Mitarbeiter sitzt gar nicht am Computer, sondern macht ein Nickerchen oder hängt Wäsche auf. In den USA schlagen sich Firmen zunehmend mit dem Phänomen herum, dass Beschäftigte im Homeoffice mit kreativen Techniklösungen Betriebsamkeit simulieren. Einige hat das sogar ihren Job gekostet. Der vorgetäuschte Fleiß ist allerdings auch das Ergebnis eines gestiegenen Kontrollbedürfnisses der Unternehmen in Zeiten von mobiler Arbeit.

Die bekannte Großbank Wells Fargo entließ im Mai mehrere Dutzend Angestellte. Der Vorwurf: „Simulierte Tastaturaktivität, die den Eindruck von aktiver Arbeit vermittelt.“ Wells Fargo dulde „kein unethisches Verhalten“, erklärte die Bank.

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Viele Möglichkeiten für Homeoffice-Betrug

Internetshops und Videoplattformen wie Tiktok und Youtube sind voll von Geräten, Softwarelösungen und Ratschlägen, wie sich Aktivität am Rechner oder an anderen von der Firma bereitgestellten Geräten simulieren lässt. Meist soll so verhindert werden, dass der Computer in den Ruhemodus wechselt, den Bildschirmschoner aktiviert oder den Status in Konferenzen von „aktiv“ auf „inaktiv“ wechselt.

Da gibt es etwa den „Mouse Jiggler“: ein kleines Gerät, auf dem die Maus platziert wird. In regelmäßigen Abständen wird die Computermaus dann bewegt. Ebenfalls beliebt: Ein Schreibprogramm im Computer öffnen und einen beliebigen Buchstaben fixieren – Zeile um Zeile, Seite um Seite füllt sich dann mit „Text“ aus dem immergleichen Buchstaben. Außerdem gibt es Softwarelösungen, die in regelmäßigen Abständen die Maus „bewegen“ oder Tasten „drücken“.

Oder aber: Lange Präsentationen starten und dann zurücklehnen. „Drück einfach ‚Diashow starten‘ und alles ist gut“, sagt der Influencer Sho Dewan in einem Tiktok-Video. Er sei früher selbst in der Personalrekrutierung verantwortlich gewesen und teile nun seine Geheimnisse.

Derartige Videos haben mitunter Millionen Aufrufe. Ein User schrieb in den Kommentaren unter den Clip: „Warum habe ich das nicht früher entdeckt?“ Er selbst habe mal eine Computermaus an einen eingeschalteten Ventilator geklebt.

Natürlich ist das Risiko hoch, erwischt zu werden. In einem Beitrag im Netzwerk Reddit namens „Mein Chef hat mich mit einem Maus-Beweger erwischt“ erzählt ein Angestellter von seinem Pech. Dass er aufgeflogen sei, habe das Fass zum Überlaufen gebracht, nachdem er sich zuvor schon mehrmals bei Meetings mit „Stromausfällen“ und „Gewitter“ entschuldigt und sang- und klanglos verabschiedet hatte. Einige Nutzer rieten ihm, statt einer Software einen physischen Maus-Beweger zu nutzen, der sei nicht so leicht nachzuweisen.

USA: Firmen verschärfen Kontrolle der Arbeit von Zuhause

Im Grunde müssen sich die Arbeitgeber aber an die eigene Nase fassen, denn sie haben mehreren US-Studien zufolge die Kontrollen ihrer Beschäftigten im Zuge von Homeoffice und mobiler Arbeit drastisch erhöht. So stieg etwa die Nachfrage nach Software zur Desktop-Überwachung, zur Verfolgung von Tastatureingaben und sogar zur GPS-Ortung der Beschäftigten seit der Pandemie deutlich an. Nach Informationen des Magazins „Harvard Business Review“ installierte etwa eine Firma aus Florida auf den Rechnern ihrer Angestellten eine Software, die alle zehn Minuten einen Screenshot macht.

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Die Überwachung führte nach Darstellung von Personalfachleuten in manchen Firmen zu einem wahren „Produktivitätstheater“, bei dem die Beschäftigten Produktivität vortäuschen. Das Katz-und-Maus-Spiel wirft auch die Frage auf, wie sinnvoll die Überwachung von Maus und Tastatur ist, um Produktivität und Effektivität der Mitarbeitenden zu messen.

Nicht zuletzt kann das Ganze auch nach hinten losgehen: Das Magazin „Harvard Business Review“ stellte in einer Umfrage fest, dass überwachte Beschäftigte besonders häufig dazu tendieren, unerlaubte Pausen einzulegen und Anweisungen zu missachten. Außerdem beschädigten sie häufiger Eigentum der Firmen, klauten Büromaterial und „arbeiteten absichtlich langsam“, heißt es in dem Bericht.

A.J. Mizes, Chef der Beratungsfirma Human Reach, beklagte im Ergebnis eine Arbeitskultur, die eher von Quantität geprägt sei als von „menschlichen Beziehungen und wahrer Produktivität“. Der Trend zur exzessiven Überwachung in der US-Wirtschaft sei beunruhigend, sagte er. „Anstatt Innovation und Vertrauen zu fördern wird das die Beschäftigten nur dazu bringen, noch weitere Wege zu finden, um beschäftigt zu wirken.“