Deutlicher Anstieg: Pro Tag werden 54 Kinder und Jugendliche missbraucht

Die Zahl der Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen in Deutschland ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Nach dem am Montag vom Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden veröffentlichten sogenannten Lagebild wurden 18.497 Kinder unter 14 Jahren im Jahr 2023 Opfer sexuellen Missbrauchs, was einen Anstieg um 7,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutete. Laut BKA sind rund 30 Prozent der Tatverdächtigen in diesen Missbrauchsfällen selbst Kinder und Jugendliche.

Bei Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren gab es 1277 Missbrauchsopfer, 5,5 Prozent mehr als 2022. Dies stelle einen Höchstwert im Fünfjahresvergleich dar. In mehr als jedem zweiten Fall habe eine Vorbeziehung zwischen Opfer und Tatverdächtigem bestanden. Drei Viertel der Missbrauchsopfer aller Altersgruppen sind den Angaben zufolge weiblich.

Einen ebenfalls deutlichen Anstieg um 7,4 Prozent verzeichneten die Ermittler bei der Zahl der Fälle von Herstellung, Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte. Hier sei mit 45.191 Fällen ein Höchstwert erreicht worden. Seit dem Jahr 2019 hätten sich die Fallzahlen damit mehr als verdreifacht.

Ein besonders starker Anstieg sei bei jugendpornografischen Inhalten festzustellen. Deren Zahl sei im Jahr 2023 um rund 31 Prozent auf 8851 Fälle angestiegen. Auffällig sei, dass die Tatverdächtigen in vielen Fällen selbst minderjährig seien. Bei kinderpornografischen Inhalten war dies bei 38 Prozent der Fall, bei jugendpornografischen bei 49,5 Prozent.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte bei der Präsentation: „Jeden Tag werden in Deutschland 54 Kinder und Jugendliche Opfer von sexuellem Missbrauch – das sind entsetzliche Taten, die uns tief berühren und fassungslos machen.“ Es sei zentrale Aufgabe des Staats, hinzuschauen und zu handeln, wann immer Gefahren für Kinder drohen – es sei aber auch eine zentrale Aufgabe der Gesellschaft insgesamt.

Faeser forderte eine Pflicht zur Speicherung von IP-Adressen bei den Internetanbietern, um Täter zu identifizieren und Kinder und Jugendliche vor sexualisierter Gewalt zu schützen. „Dafür werde ich mich weiter stark machen“, erklärte die Ministerin.