Justiz: US-Präsident Biden will Supreme Court reformieren

Ob der Demokrat seine Pläne durchs Parlament bringen kann, ist fraglich. Donald Trump wertete das Vorhaben bereits als einen Angriff auf die Justiz.

US-Präsident Joe Biden will das Oberste Gericht der Vereinigten Staaten reformieren. „Ich fordere drei mutige Reformen, um das Vertrauen in die Gerichte und unsere Demokratie wiederherzustellen und ihre Verantwortlichkeit wiederherzustellen“, schrieb der Demokrat in einem in der „Washington Post“ veröffentlichten Meinungsstück. Er warnte vor einem Wegbröckeln des Vertrauens in demokratische Institutionen. Was gerade passiere, sei „nicht normal“. 

Zuvor hatte bereits ein US-Regierungsvertreter über das Ansinnen des Präsidenten informiert. In den vergangenen Jahren habe das Gericht wichtige Präzedenzfälle aufgehoben: So habe es etwa das Recht der Frau auf Selbstbestimmung eingeschränkt und dem Präsidenten weitgehende Immunität für Straftaten während seiner Amtszeit gewährt. Ethik-Skandale hätten Zweifel an der Fairness und Unabhängigkeit des Supreme Court aufkommen lassen. 

Konkret fordert Biden eine Begrenzung der Amtszeit für die Richterinnen und Richter des Supreme Court sowie einen durchsetzbaren Ethik-Kodex. Zudem beabsichtigt er, einen Verfassungszusatz vorzuschlagen, der klarstellt, dass frühere Präsidenten nicht vor der Strafverfolgung für Vergehen während ihrer Amtszeit geschützt sind. 

Bidens Vorschläge müssten vom Parlament gebilligt werden, was aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im US-Kongress als unwahrscheinlich gilt. Insbesondere für eine Verfassungsänderung gibt es hohe Hürden.

Die drei angestrebten Änderungen im Einzelnen:

1. Amtszeitbegrenzung für Richterinnen und Richter 

Die neun Richter des Obersten Gerichts werden auf Lebenszeit ernannt. Ihre Auswahl ist ein hart umkämpfter politischer Prozess. Ex-Präsident Donald Trump konnte während seiner Amtszeit (2017 bis 2021) drei Richter im Supreme Court platzieren, weswegen momentan sechs der neun Richter als konservativ gelten.

Biden will ein System vorschlagen, wonach der Präsident alle zwei Jahre einen Richter oder eine Richterin ernennt, der oder die dann achtzehn Jahre lang im Amt ist. Dies solle dazu beitragen, dass sich die Zusammensetzung des Gerichts mit einer gewissen Regelmäßigkeit ändere, hieß es. Solch ein System verringere auch die Wahrscheinlichkeit, dass „eine einzelne Präsidentschaft die Zusammensetzung des Gerichts für kommende Generationen radikal“ verändere, schrieb Biden in der „Washington Post„.

2. Verbindlicher Verhaltenskodex 

Im vergangenen Jahr hatten Berichte über teure Geschenke an den Supreme-Court-Richter Clarence Thomas eine Ethik-Debatte ausgelöst. Die Richterinnen und Richter am Supreme Court hatten daraufhin einem Verhaltenskodex zugestimmt, dessen Durchsetzbarkeit aber fraglich war. 

Biden bezeichnete den aktuellen Kodex als „schwach und selbst auferlegt“. Er will erreichen, dass der Kongress verbindliche Verhaltensregeln verabschiedet. Darin soll zum Beispiel festgeschrieben sein, dass Richterinnen und Richter Geschenke offenlegen und sich aus politischen Aktivitäten in der Öffentlichkeit fernhalten müssen. Auch sollen die Richterinnen und Richter verpflichtet werden, sich aus Fällen zurückzuziehen, in denen sich für sie oder ihre Partnerinnen und Partner Interessenkonflikte ergeben.

3. Verfassungsänderung zur Immunität 

Die Verfassung gewährt Präsidenten nicht explizit Immunität, auch nicht während ihrer Zeit im Amt. Allerdings ist das Justizministerium traditionell der Auffassung, dass Präsidenten zumindest während ihrer Zeit im Weißen Haus nicht angeklagt werden können. Vor wenigen Wochen hat Trump vor dem Supreme Court einen historischen Erfolg eingefahren: Das Gericht entschied, dass er für seine Handlungen im Präsidentenamt weitgehenden Schutz vor Strafverfolgung genießt. 

Das Urteil bedeute, dass es „praktisch keine Grenzen“ für die Handlungen eines Präsidenten gebe, warnte Biden in seinem Meinungsstück. „Die einzigen Grenzen werden diejenigen sein, die sich die Person im Oval Office selbst auferlegt“. Somit sei das demokratische Konzept einer friedlichen Machtübergabe in Gefahr: „Wenn ein zukünftiger Präsident einen gewalttätigen Mob dazu anstiftet, das Kapitol zu stürmen (…) hat dies möglicherweise keine rechtlichen Konsequenzen.“

Biden will nun einen Verfassungszusatz zur Abstimmung bringen, der klarstellt, dass „kein Präsident über dem Gesetz steht“, also dass ehemalige Präsidenten nicht vor der Verfolgung von Straftaten, die sie in ihrer Amtszeit begangen haben, geschützt sind. 

Trump kritisierte Vorhaben bereits 

Trump kritisierte die Pläne bereits, nachdem US-Medien in der vergangenen Woche erstmals darüber berichtet hatten. „Die Demokraten versuchen, sich in die Präsidentschaftswahlen einzumischen und unser Justizsystem zu zerstören, indem sie ihren politischen Gegner, mich, und unseren ehrenwerten Obersten Gerichtshof angreifen“, schrieb er auf seiner Online-Plattform Truth Social. 

Trump ist Präsidentschaftskandidat der Republikaner. Er will nach der Wahl am 5. November Biden im Weißen Haus ablösen. Als Kandidatin der Demokratin geht voraussichtlich Bidens Stellvertreterin Kamala Harris ins Rennen, nachdem sich der Amtsinhaber vor gut einer Woche aus dem Rennen um die Präsidentschaft zurückgezogen hatte.