Gipfeltreffen: G7 in Italien: Worum geht es?

Inmitten der Olivenhaine Apuliens trifft sich ab heute die G7, um über Krieg und Migration zu sprechen. Auch ein besonderer Gast ist da. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Gipfel. 

Wie jedes Jahr, an einem friedlichen Ort, irgendwo in Deutschland, Kanada, Italien, Frankreich, Japan oder den USA, haben Arbeiter schon vor Wochen Gullideckel zugeschweißt und Zäune gebaut, liegen Scharfschützen auf Dächern und tausende Polizisten in den umliegenden Hotels. Wer sich an diesem Donnerstag an die Küstenstraße im süditalienischen Dorf Savelletri stellt, würde lange Kolonnen schwarzer Limousinen die enge Straßen heraufkommen sehen. Das 50. Gipfeltreffen der G7-Staaten hat begonnen. Es fällt in eine Zeit voller Krisen und Umbrüche.

Was sind die G7 überhaupt?

Die G7 sind eine Gruppe von sieben wichtigen Industrieländern. Neben Deutschland gehören ihr Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA an. Im Gegensatz zu einer internationalen Organisation wie der UN verfügt die G7 über keine permanente Verwaltungsstruktur. Sie ist vielmehr ein informelles Forum zum Gedankenaustausch zwischen den teilnehmenden Ländern.

Es ist das Jahr des großen Jubiläums: Im Jahr 1975, also vor genau 50 Jahren, trafen sich zum ersten Mal sechs Staats- und Regierungschefs der großen Industrienationen zu einem Weltwirtschaftsgipfel. Eingeladen hatten der damalige deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt und der französische Präsident Valéry Giscard d’Estaing. Außerdem mit dabei: Italien, Japan, Großbritannien und die USA. 

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Das Treffen sollte dazu dienen, Lösungsansätze für die wirtschaftlichen Probleme der 1970er Jahre zu entwickeln. Ein Jahr später wurde Kanada als siebtes Land in die Runde aufgenommen. Zunächst ging es bei der G7 weiter um rein wirtschaftliche Fragen, später kamen auch  Außen- und Sicherheitspolitik hinzu.

Nach dem Ende des Kalten Krieges trat im Jahr 1991 auch Russland dem elitären Club bei, Ende der 1990er dann auch als offiziell achtes Mitglied. Aus G7 wurde G8 – und wieder G7. Aufgrund der völkerrechtswidrigen russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim beschlossen die anderen Staats- und Regierungschefs 2014, Präsident Wladimir Putin von den künftigen Treffen auszuschließen. 

Unter welchen Bedingungen findet der diesjährige Gipfel statt?

In diesem Jahr liegt der G7-Vorsitz bei Italien, weshalb sich die Staats-und Regierungschefs in Apulien, der Region am Stiefelabsatz des Landes treffen. Zwischen Olivenbäumen und der türkisfarbenen Adria liegt das luxuriöse Fünf-Sterne-Hotel „Borgo Egnazia“ – ein eigenes kleines Dörfchen aus hellem Naturstein. Für den bis Samstag andauernden Gipfel sind rund 2600 Polizisten abgestellt, zusätzlich sollen 1500 Soldaten für die Sicherheit der Staats- und Regierungschefs sorgen. 

Bei der Einreise nach Italien müssen sich Urlauber auf längere Wartezeiten gefasst machen: Bereits seit dem 5. Juni hat das Land seine Grenzkontrollen verstärkt. Dazu hat das italienische Innenministerium vorübergehend eigens das Schengen-Abkommen ausgesetzt, das die Abschaffung von Grenzkontrollen innerhalb der EU regelt.

Neben den sieben Mitgliedsstaaten ist auch die Europäische Union standesgemäß Teil des Gipfels, vertreten vom Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, und der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Seit einigen Jahren laden die G7-Chefs zudem auch andere Länder zu ihren Treffen, unter ihnen diesmal auch die Ukraine und ihr Präsident Wolodymyr Selenskyj sowie ein besonderer Gast: Zum ersten Mal bei einem G7-Treffen ist auch der Papst eingeladen. 

Um welche Themen wird es gehen?

Ein zentraler Punkt auf der Agenda des diesjährigen Treffens ist der Krieg in der Ukraine. Mehr als zwei Jahre nach dem russischen Überfall befindet sich das Land in einer schwierigen Lage: Trotz massiver Unterstützung westlicher Staaten droht Russland, die militärische Oberhand zu gewinnen. Der ukrainische Präsident Selenskyj wird erneut um mehr Unterstützung für sein Land werben: Er braucht weitreichendere Waffen, Munition und Luftabwehrsysteme. Zudem wird es um mögliche Wege zur Beendigung des Kriegs und Mittel für den Wiederaufbau gehen. Im Anschluss an das G7-Treffen findet in der Schweiz eine Friedenskonferenz statt, an der weitere Länder, allerdings nicht Russland teilnehmen.

Auch der Krieg in Gaza und der Umgang der westlichen Partner mit Israel wird Thema sein. Seit Monaten mehren sich kritische Stimmen, die die massive Zerstörung und die zahlreichen zivilen Opfer im Gazastreifen verurteilen und Israel mit immer schärferen Worten zur Einstellung der Kampfhandlungen auffordern. 

Meloni

Ein Herzensanliegen der Gastgeberin, Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni, ist Migration – oder besser: deren strikte Begrenzung. Am Gipfel hat sie dafür extra eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Meloni dürfte sich durch ihren Erfolg bei den Europawahlen in ihrer Position bestärkt fühlen: Sie trat mit dem Versprechen an, die illegale Einwanderung nach Europa praktisch zum Erliegen zu bringen. Italien will im Rahmen der EU dafür stärker mit afrikanischen Ländern wie Libyen, Ägypten oder Tunesien zusammenarbeiten, will ihnen eine Menge Geld zahlen, damit sie im Gegenzug Migranten davon abhalten, über das Mittelmeer zu kommen. 

Auch in anderen Bereichen möchte Meloni die Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern stärken, etwa in Sachen Rohstoffhandel und nachhaltige Energie. Nach Apulien sind deshalb auch mehrere afrikanische Regierungschefs und die Präsidentin der afrikanischen Zentralbank eingeladen.

Macht es Sinn, ohne Länder wie China oder Indien über globale Probleme zu sprechen?

Bei der Gründung der G7 vor 50 Jahren waren die Teilnehmerstaaten die unangefochtenen Wirtschaftsgroßmächte. Inzwischen haben sich die Machtgrenzen aber verschoben, haben andere Länder aber massiv aufgeholt oder einzelne westliche Industrienationen sogar überholt – und sind aus globalen Sicherheits- und Wirtschaftsfragen nicht mehr wegzudenken. Schon im Jahr 2005 lud die G8 deshalb die aufstrebenden Staaten Indien, China, Brasilien, Mexiko und Südafrika zum Gipfeltreffen ein.

Christian Lindner G7 1700

Dieses „G8 plus 5“-Format wurde allerdings nach drei Jahren wieder beendet und durch die neu gegründeten G20 ersetzt. Dieser größer gefasst Industrieclub der Nationen besteht bis heute. Neben der ursprünglichen G7 gehören ihm China, Russland, Australien, Brasilien, Indien, Argentinien, die Türkei, Saudi-Arabien, Indonesien, Südafrika, Mexiko, Südkorea und die EU an.

Welche Kritik gibt es an den G7-Treffen?

Jahr für Jahr steht die G7 in der Kritik Die hohen Kosten der Gipfel sind dabei nur ein Nebenpunkt. Die Treffen seinen wenig mehr als ein PR-Gag, bei dem wohlklingende Versprechen gemacht würden, sagen Kritiker. Die tatsächlichen Probleme der Welt würden sie aber nicht lösen. Forscher der Universität Toronto widersprechen: Demnach würden regelmäßig zwischen 75 und 85 Prozent der Absprachen der G7 erfüllt. In Erinnerung blieb vor allem der Durchbruch bei den Klimaverhandlungen: Nachdem sich die sieben Staaten 2015 auf Schloss Elmau in Bayern darauf geeinigt hatten, die globale Erwärmung auf maximal zwei Grad zu begrenzen, wurde dieses Ziel wenig später im Pariser Klimaabkommen verbindlich festgelegt. Ob es auch erreicht wird, steht auf einem anderen Papier.

Ein weiterer Kritikpunkt: Die Zusammenkünfte seien ein elitäres Format. G7-Entscheidungen werden von wenigen Regierungen getroffen, wirken sich aber auf viele andere Staaten aus – ohne, dass diese in den Prozess mit eingebunden werden. Befürworter entgegnen, die Absprachen im kleinen Kreis führen zu einer hohen Effektivität. Die Teilnehmerstaaten sind sich oft in grundlegenden Punkten einig, sodass sie – zumindest in der Theorie – schnell und entschlossen handeln können.